Brasiliens Generalstaatsanwaltschaft will in einem der grössten Korruptionsskandale des Landes 28 Untersuchungen gegen 54 mutmassliche Tatverdächtige einleiten, darunter auch gegen Spitzenpolitiker. Behördenchef Rodrigo Janot leitete dem Obersten Gerichtshof am Dienstagabend (Ortszeit) eine entsprechende Liste zu, ohne allerdings Namen zu nennen.
Nach lokalen Medienberichten stehen die Präsidenten des Senates sowie des Abgeordnetenhauses, Renan Calheiros und Eduardo Cunha, darauf. Beide gehören der mitregierenden Partei PMDB an, aus deren Reihen auch Vizepräsident und Parteichef Michel Temer kommt. Offen ist, in welchem Umfang es wegen bestehender Immunitätsrechte zu Ermittlungen kommt.
Im Mittelpunkt der «Petrolão»-Affäre steht der staatlich kontrollierte Öl-Konzern Petrobras. Die Staatsanwaltschaft prüft Unregelmässigkeiten in Milliarden-Höhe. Bei der Vergabe von Aufträgen soll systematisch Schmiergeld geflossen sein, das teilweise auch an Politiker und Parteien ging.
Im Zuge der Affäre war Petrobras-Chefin Maria das Graças Foster zurückgetreten. Auch gegen die Regierungspartei PT und Staatschefin Dilma Rousseff wurde immer wieder Kritik in der Affäre laut. Rousseff war lange Zeit Petrobras-Aufsichtsratschefin.
Nach brasilianischem Recht dürfen Abgeordnete und Regierungsmitglieder nur vor dem Obersten Gerichtshof angeklagt werden. Ein Richter muss darüber entscheiden, ob das Gebot der Geheimhaltung der Namen aufgehoben wird.
Ein Verfahren vor dem Gerichtshof dürfte sich Jahre hinziehen. Der Skandal um Petrobras könnte jedoch dazu führen, dass der Staatskonzern Investitionen stoppt, und die ohnehin schwächelnde brasilianische Wirtschaft belasten. (feb/sda/dpa/reu)