Komplizin Boumeddiene ist angeblich in Syrien
07.01.2015: Schiesserei bei Satiremagazin «Charlie Hebdo»
Die Ereignisse im Überblick:
- Nach Ende der Anti-Terror-Einsätze konzentrieren sich die Ermittler in Frankreich auf die Suche nach Unterstützern der islamistischen Gewalttäter.
- Die Brüder Kouachi – Chérif (32) und Saïd Kouachi (34) – sind tot. Polizeieinheiten stürmten am Freitag die Druckerei in Dammartin-en-Goële bei Paris, wo sich die Attentäter verschanzt hatten.
- Fast zur selben Zeit stürmte die Polizei im Osten von Paris das jüdische Lebensmittelgeschäft, in dem Amedy Coulibaly (26) mehrere Geiseln in seiner Gewalt hatte. Er wird getötet. Auch vier Geiseln sterben.
- Die Polizei jagt die weiterhin flüchtige Freundin von Amedy Coulibaly. Die 26-Jährige wird im Zusammenhang mit der Schiesserei vom Donnerstag im Süden von Paris gesucht, bei der eine Polizistin starb. Sie soll sich aber gemäss Medienberichten zum Tatzeitpunkt gar nicht in Frankreich befunden haben.
- Die französische Regierung hält an der höchsten Terrorwarnstufe im Grossraum Paris fest. Die Sicherheitsmassnahmen sollen sogar noch verstärkt werden.
- Zum «Republikanischen Marsch» in Paris am Sonntag werden hunderttausende Menschen und zahlreiche Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der britische Premier David Cameron.
Stille Trauer und hektische Fahndung: Während die Franzosen eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags auf die Satire-Zeitschrift «Charlie Hebdo» einlegten, suchte die Polizei am Donnerstag, einen Tag nach dem mutmasslich islamistischen Angriff, weiterhin fieberhaft nach den Attentätern.
Auch in der Nacht auf Freitag sollten Helikopter im Einsatz bleiben. Die beiden Hauptverdächtigen wurden nach Angaben von Ermittlern in Nordfrankreich gesichtet. In dem Gebiet zog die Polizei Eliteeinheiten zusammen. In der Gegend von Villers-Côtterets im Département Aisne waren am Donnerstagnachmittag Beamte der Anti-Terror-Polizeieinheit RAID und der Gendarmerie-Sondereinheit GIGN im Einsatz. In der Region rund 80 Kilometer nordöstlich von Paris sei ein Auto entdeckt worden, das die beiden Verdächtigen als Fluchtwagen benutzt hätten, hiess es.
Charlie-Hebdo-Titelblätter
Flagge und Waffen
Zuvor hatte es von Seiten der Ermittler geheissen, der 32-jährige Chérif Kouachi und sein 34-jähriger Bruder Said seien in einem grauen Renault Clio gesichtet worden. Der Betreiber einer Tankstelle in der Nähe von Villers-Côtterets habe die beiden «eindeutig erkannt». «Die beiden Männer sind vermummt, mit Kalaschnikow und anscheinend mit Raketen-Werfern» ausgerüstet, hiess es weiter. In einem anderen kurz nach dem Anschlag in Paris zurückgelassenen Auto wurden nach Angaben der Ermittler zwei dschihadistische Flaggen und ein Dutzend Molotow-Cocktails gefunden. Der Fund zeige die islamistische Gesinnung der Täter und deute daraufhin, dass sie womöglich weitere Anschläge geplant hätten, hiess es.
Beim schwersten Anschlag in Frankreich seit Jahrzehnten hatten am Mittwoch zwei schwer bewaffnete Männer die Redaktion von «Charlie Hebdo» überfallen und dort sowie auf ihrer Flucht insgesamt zwölf Menschen erschossen. Unter den Todesopfern sind der Chef des bekannten Satire-Magazins, Stéphane Charbonnier, mehrere weitere Zeichner sowie zwei Polizisten. Elf weitere Menschen wurden verletzt.
Schweigeminute für die Opfer
Laut Premierminister Manuel Valls sind die beiden Hauptverdächtigen bereits polizeibekannt. Chérif Kouachi war 2008 wegen Unterstützung des Terrornetzwerks Al-Kaida im Irak verurteilt worden. Von der dreijährigen Haftstrafe wurden anderthalb Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Die Ermittler waren den Brüdern nach dem Anschlag auf die Spur gekommen, weil ein Ausweis von Said in einem zurückgelassenen Auto entdeckt wurde. Ein möglicher Komplize, der 18-jährige Hamyd Mourad, stellte sich am späten Mittwochabend der Polizei.
Solidarität mit «Charlie Hebdo» in aller Welt
Die Polizei nahm am Morgen sieben Verdächtige aus dem Umfeld der mutmasslichen Täter in Gewahrsam. In Frankreich galt am Donnerstag offizielle Staatstrauer. Mit einer Schweigeminute wurde landesweit der Opfer des Anschlags gedacht - unter anderem in Behörden, Unternehmen und Schulen. Tausende hielten Plakate mit dem Schriftzug «Je suis Charlie» (Ich bin Charlie) hoch. Die Glocken der Kirche Notre-Dame erschallten in Paris. Staatspräsident François Hollande forderte seine Landsleute auf, in dieser schweren Zeit zusammenzustehen. Zudem hielt er eine Reihe von Krisentreffen ab, unter anderem mit seinem konservativen Rivalen, Ex-Präsident Nicolas Sarkozy.
Internationales Krisentreffen in Paris
Innenminister Bernard Cazeneuve kündigte am Donnerstagabend ein internationales Treffen zum Kampf gegen den Terrorismus am Sonntag in Paris an. Er habe seine Amtskollegen «der am meisten vom Terrorismus betroffenen europäischen Länder» ebenso eingeladen wie US-Justizminister Eric Holder und den US-Minister für Innere Sicherheit Jeh Johnson, sagte Cazeneuve. An dem Treffen sollten auch EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos und der EU-Koordinator für den Kampf gegen Terrorismus, Gilles de Kerchove, teilnehmen. Notwendig im Kampf gegen den Terrorismus sei ein gemeinsames Vorgehen «in der Europäischen Union und darüber hinaus», sagte Cazeneuve.
Charlie Hebdo: Solidaritätswelle in der Schweiz ebbt nicht ab
Die französische Regierung verurteilte unterdessen islamfeindliche Übergriffe scharf. Nach dem Anschlag auf «Charlie Hebdo» wurden eine Moschee im nordwestfranzösischen Le Mans sowie ein muslimischer Gebetsraum im südfranzösischen Port-la-Nouvelle in der Nacht auf Donnerstag beschossen. Vor einem Kebab-Laden nahe einer Moschee im ostfranzösischen Villefranche-sur-Saône gab es eine Explosion. Verletzt wurde bei den Angriffen niemand. «Charlie Hebdo» macht weiter Die Belegschaft von «Charlie Hebdo» will indes nicht aufgeben. «Wir werden weitermachen», sagte Patrick Pelloux nach einem Treffen mit anderen Redaktionsmitgliedern.
Der Anwalt des Wochenblatts kündigte für kommende Woche gar eine Rekordauflage von einer Million Exemplaren an. Für neue Terrorangst sorgte zunächst eine Schiesserei im Süden von Paris am Donnerstagmorgen, bei der ein Unbekannter eine Polizistin tötete und einen Polizisten verletzte. Zunächst gab es keine Hinweise darauf, dass die Taten zusammenhängen. Die Anti-Terrorismus-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. (feb/sda/afp/dpa)
