Lange Arbeitszeiten, Intrigen und Diskriminierung sind bei vielen Firmen an der Tagesordnung. Ob Banker bei Goldman Sachs, Manager bei Tesla oder Apple-Store-Mitarbeiter, die Arbeitsbedingungen sind oft grenzwertig. Jeff Bezos' umstrittener Tech-Konzern scheint es aber auf die Spitze zu treiben: Der Online-Warenhaus-Gigant nutzt modernste Datenanalyse und künstliche Intelligenz nicht nur zur Optimierung der eigenen Produkte, sondern auch zur gezielten Überwachung der Mitarbeiter.
Jeff Bezos ist ein Datenfreak. Alles und jedes wird gemessen: die Leistung, die Pinkelpausen. Algorithmen entscheiden über Lohn, Beförderung – oder Entlassung.
Am Montag deckten Recherchen der britischen Zeitung «The Guardian» mehrere neue Vorfälle auf, bei denen Amazon-Mitarbeiter nach Arbeitsunfällen in Logistikzentren arbeitsunfähig oder gar obdachlos wurden. Die Arbeitsunfälle wären laut Bericht vermeidbar gewesen. Der Online-Gigant kümmere sich zu wenig um verunfallte Angestellte, so die Kritik. In vielen Fällen müssten sich verunfallte Mitarbeiter an die Temporärbüros wenden, die sie angestellt haben, wodurch die Verantwortung auf einen Dritten verlagert wird. So wird es für die Arbeitnehmer schwieriger, eine angemessene Behandlung und Entschädigung zu erhalten.
Die Lagerhäuser von Amazon stehen auf der Liste «Das dreckige Dutzend», einer Aufstellung der gefährlichsten Arbeitsplätze in den USA, die von einer US-Organisation für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz herausgegeben wird. Auf der Liste figurieren auch die Autowerke von Tesla.
This is the reality of what it's like to work for Amazon. pic.twitter.com/0a30Nxgqp4
— Bernie Sanders (@SenSanders) July 30, 2018
Die Videos sind Teil einer politischen Kampagne des parteilosen US-Senators Bernie Sanders zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Konzernen wie Amazon, Disney, McDonald’s oder Walmart.
Jeff Bezos, the CEO of Amazon, says he is "very proud" of the working conditions at Amazon. Maybe he should listen to the story of this former Amazon worker who, after breaking her foot on the job, was told to take ibuprofen and finish her shift or go home with unpaid time. pic.twitter.com/lRPUCWGxeF
— Bernie Sanders (@SenSanders) 11. Juli 2018
Amazon just announced that they made $2.5 billion in profits last quarter. Why does Jeff Bezos still refuse to treat his workers with respect and dignity? pic.twitter.com/BJ6YIRTq0b
— Bernie Sanders (@SenSanders) 26. Juli 2018
This former Amazon manager suffered a mini-stroke after working continuous 16-hour days, sometimes without days off for two weeks at a time. This should not be happening in the richest country in the history of the world. pic.twitter.com/63eX5nosYV
— Bernie Sanders (@SenSanders) 13. Juli 2018
Wo immer sich Bezos blicken lässt, demonstrieren die Gewerkschaften. Die Kritik perlt an ihm ab: «Ich bin stolz auf unsere Arbeitsbedingungen», lautet seine Standardantwort seit Jahren.
Bereits 2015 enthüllte eine Reportage der «New York Times» die brutale Arbeitskultur bei Amazon. So erzählt der ehemalige Amazon-Manager Bo Olson: «Du verlässt einen Konferenzraum und siehst, wie erwachsene Männer ihre Hände vor das Gesicht halten. Fast jede Person, mit der ich zusammengearbeitet habe, habe ich mindestens einmal am Pult weinen sehen.»
Laut Zeitungsbericht werden Mitarbeiter angehalten, sich gegenseitig hart zu kritisieren, bis hin zur Demontage. Jedes Jahr werden diejenigen gefeuert, die am meisten Verzeigungen von anderen erhalten haben.
Amazon hat allein im letzten Jahr über 130'000 Arbeitsplätze geschaffen und beschäftigt heute weltweit über 560'000 Menschen. Gleichzeitig hat Amazon den Gewinn verzwölffacht. Bezos ist nun der reichste Mensch der Welt und seine Firma ist drauf und dran, Apple als wertvollstes Unternehmen der Welt abzulösen.
Was bleiben wird, ist Bezos Firmenkultur – zumindest bis er sein Arbeitsheer durch Roboter, sprich automatisierte Verteilzentren, ersetzen kann.
Link zu Artikel-> https://www.vox.com/2018/7/16/17577614/amazon-prime-day-strike-boycotts