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Der Grossangriff der China-Smartphones ist gescheitert

Huaweis Mate 60 Pro verkauft sich in China glänzend, bei uns ist es ein Ladenhüter.
Huaweis Mate 60 Pro verkauft sich in China glänzend, bei uns ist es ein Ladenhüter.Bild: Shutterstock
Analyse

Darum ist der Grossangriff der China-Smartphones gescheitert

Apple und Samsung haben die Schweiz und Europa fest im Griff. Der Siegeszug der chinesischen Smartphone-Hersteller im Westen ist abgeblasen – vorerst.
04.11.2023, 17:1205.11.2023, 16:56
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Es ist nicht lange her: Vor zwei, drei Jahren waren chinesische Smartphones auf der Überholspur. Huawei stiess Samsung trotz US-Sanktionen kurzfristig vom Thron und Xiaomi-Handys verkauften sich besser als Apples iPhone. Dies nicht etwa in China, sondern in Europa.

Vom Erfolg euphorisiert gab Xiaomi-Gründer Lei Jun im Herbst 2021 die Parole aus, man wolle Marktführer Samsung in den nächsten drei Jahren überflügeln. Zeitgleich drängte mit Oppo und dessen Tochtermarke OnePlus der dritte grosse China-Hersteller nach Europa.

Doch inzwischen hat der Wind gedreht.

epa09107928 A handout photo made available by Xiaomi on 31 March 2021 shows Lei Jun, one of the co-founders of Xiaomi, speaking during the new products unveiling event in Beijing, China, 30 March 2021 ...
Xiaomi-Gründer Lei Jun: Seine Handys waren kurz davor, Europa im Sturm zu erobern, inzwischen läuft es nicht mehr so rosig.Bild: keystone

Die vor vier Jahren gegründete Oppo-Niederlassung in der Schweiz hat ihre Geschäfte im Oktober «aus wirtschaftlichen Gründen per sofort eingestellt», wie es in einer knappen Medienmitteilung hiess. Rund ein Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren den Job.

Oppos Bruchlandung in der Schweiz ist bezeichnend für alle China-Marken; sie kommen bei uns nicht mehr vom Fleck. Auch Huawei und Xiaomi sind meilenweit davon entfernt, Apple und Samsung in Europa zu überflügeln. Im Gegenteil. Ihr Höhenflug ist jäh gestoppt. Sie stagnieren oder verlieren bereits wieder Marktanteile.

Dafür gibt es mehrere Gründe.

Gegen Samsung und Apple haben chinesische Marken in Westeuropa einen schweren Stand. Huawei war Anfang 2023 nicht mehr in den Top 5.
Gegen Samsung und Apple haben chinesische Marken in Westeuropa einen schweren Stand. Huawei war Anfang 2023 nicht mehr in den Top 5.bild: canalys

Statt der erhofften Marktführerschaft backen die chinesischen Handy-Marken in Europa – und in der Schweiz – kleinere Brötchen. Huaweis Abstieg in den vergangenen drei Jahren ist leicht erklärt: Die US-Sanktionen ab 2019 haben den Chinesen bei uns das Genick gebrochen. Ohne Google-Apps und moderne Chips waren die einst beliebten Handys plötzlich fast unverkäuflich. Zuvor war Huawei selbst im Apple-Land Schweiz mit teils günstigen, teils technisch überlegenen Geräten stark im Aufwind. Bei den anderen chinesischen Marken sind die Gründe für den ausbleibenden Siegeszug in Europa vielschichtiger.

Die ungefähre Smartphone-Nutzung in der Schweiz zwischen November 2017 und Oktober 2023 nach Marken. Die Zahlen sind nicht exakt, zeigen aber den Trend: Huawei verliert Marktanteile, Xiaomi stagniert  ...
Die ungefähre Smartphone-Nutzung in der Schweiz zwischen November 2017 und Oktober 2023 nach Marken. Die Zahlen sind nicht exakt, zeigen aber den Trend: Huawei verliert Marktanteile, Xiaomi stagniert und Oppo tut sich schwer.
bild: statcounter

Teure China-Handys sind Ladenhüter

Bei Oppo und insbesondere Xiaomi sah es für kurze Zeit so aus, als würden sie mit guten Smartphones zu kompetitiven Preisen das Feld von hinten aufrollen. In den letzten Jahren ist ihr Preisvorteil aber zusehends geschrumpft: Lieferkettenprobleme in Pandemie- und Kriegszeiten, immer aufwändigere Hardware und längere Update-Garantien, um mit Apple und Samsung Schritt zu halten, sind nur einige Preistreiber.

Dazu kommt, dass der Smartphone-Markt gesättigt ist, die Kunden die technisch ausgereiften Geräte länger behalten und fast alle Hersteller versuchen, die schrumpfenden Liefermengen mit höheren Preisen zu kompensieren. Während dies bei Apple hervorragend funktioniert, verlieren die chinesischen Hersteller ihren Preisvorteil und somit ihr Alleinstellungsmerkmal.

Da die Geräte von Apple und Samsung oft nur noch unwesentlich mehr als die inzwischen ebenfalls teuren China-Handys kosten, greifen die allermeisten Kunden zu den bekannteren Marken. Dies umso mehr, da China in einem Atemzug mit schlechten Arbeitsbedingungen, Menschenrechtsverletzungen und Spionage genannt wird. Dass Apple, Samsung und auch Fairphone ebenfalls in China produzieren lassen, wird als kleineres Übel hingenommen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Apple den lukrativen Premium-Markt dominiert. Den chinesischen Herstellern gelingt es hingegen kaum, ihre teuersten Modelle in Europa im grossen Stil an die Kundschaft zu bringen. Dies wäre aber die Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg, da man allein mit Budget-Geräten kaum Geld verdient respektive nur mit sehr hohen Absatzmengen.

Anders gesagt: Während Apple trotz seit Jahren stagnierenden Handy-Verkäufen mit steigenden iPhone- und Abo-Preisen (iCloud, Apple Music etc.) mehr Geld verdient, klappt dieser «Trick» für die China-Hersteller nicht.

Hausgemachte Probleme

Am schwierigen Marktumfeld, Xi Jinpings autoritärer Politik und der folglich immer stärkeren Anti-China-Stimmung können Xiaomi und Co. wenig ändern, andere Probleme sind hausgemacht. Zwar überzeugt die Hardware oft, die Software und der teils schwache Update-Support sorgten aber bisweilen für Frust.

Apple und inzwischen auch Samsung und Google haben hingegen realisiert, dass nachhaltiger Erfolg über einen guten Support führt. Wer das Handy im Notfall leicht reparieren lassen kann und für viele Jahre Updates erhält, bleibt der Marke viel eher treu.

Gegen die Macht der etablierten Marken könnten China-Handys nur bestehen, wenn sie deutlich besser wären. Das sind sie aber nicht. Bei Oppo kam erschwerend ein Patentstreit mit Nokia hinzu, der zum Rückzug aus dem deutschen und französischen Markt führte.

Trotz der Rückschläge: Verschwinden werden die China-Handys bei uns in nächster Zeit nicht. Auch auf Platz drei, vier und fünf lässt sich wohl gutes Geld verdienen.

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110 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
04.11.2023 17:35registriert August 2018
Die US-Sanktionen ab 2019 haben den Chinesen bei uns das Genick gebrochen. China wird in einem Atemzug mit schlechten Arbeitsbedingungen, Menschenrechtsverletzungen und Spionage genannt wird.

Amen.

Ich würde nicht mal ein Chinesenhandy kaufen, wenn es 35 Rappen kostet.

Australien und die USA zeigen, wie man mit China umgeht. Insbesondere Australien hat mich sehr beeindruckt. China hat brutal Druck aufgesetzt, nachdem Australien sich nicht wie gewünscht verhalten hat. China hat dann kapituliert.
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Palpatine
04.11.2023 17:31registriert August 2018
Unabhängig von vielen anderen Dingen: Ich werde mir einfach nie im Leben ein chinesisches Handy kaufen. Schluss, aus, basta! Jede chinesische Firma hat im Falle des Falles streng geheime Daten an die Regierung auszuliefern. Nee, ohne mich.

Nicht, dass die anderen Hersteller in Sachen Datenschutz Engel sind...
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Sani-Bär
04.11.2023 17:56registriert April 2021
Ich habe ein schon in die Jahre gekommenes Samsung-Handy.
Wenn es einmal aussteigen sollte, werde ich mir mit Sicherheit ein Fairphone kaufen.
Nur aus dem einzigen Grund, dass sie einfach zu Reparieren sind - und nicht auf Teufel komm raus Gewinn maximiert sind.

Ich wünsche allen ein friedliches, glückliches Wochenende 🍀🍀🍀
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