Hacker haben erstmals seit Jahren einen öffentlich zugänglichen Jailbreak für iPhones mit aktueller Software entwickelt. Dies war nur möglich, weil Apple per Update versehentlich eine kritische Schwachstelle in seiner aktuellsten iOS-Version geöffnet hat, die zuvor geschlossen worden war.
Das bedeute, dass es derzeit relativ einfach sei, iPhones zu jailbreaken. Das bedeutet aber auch, dass das Risiko, gehackt zu werden, für iPhone-Nutzer massiv gestiegen ist.
Das zum Vice-Medienkonzern gehörende Online-Medium Motherboard hat die Vorgänge am Montag publik gemacht. In dem US-Bericht steht, dass Sicherheitsforscher am vergangenen Wochenende auf die Schwachstelle stiessen.
Pwn20wnd, ein bekannter Sicherheitsforscher, der iPhones knackt, hat daraufhin am Montag einen Jailbreak für iOS 12.4 veröffentlicht. Seit Jahren werden solche Programme nicht mehr gratis im Internet verbreitet, denn die Fähigkeit, ein iPhone zu jailbreaken, heisst, es auch hacken zu können.
Das iPhone-Knacken per «unc0ver»-Jailbreak erfolgt innert Minuten, wie bei Twitter veröffentlichte Videos zeigen.
Thank you for your hard work 🙌🏾@Pwn20wnd Im so fuckin lit with this jailbreak! iOS 12.4 iPhone 7 Plus successful! 📲✅ pic.twitter.com/EpFoTm6drV
— Yosy Rosales (@yosy1692) August 19, 2019
Im Prinzip alle iPhone- und wohl auch iPad-User, die auf ihrem Gerät die neuste Betriebssystem-Version, iOS 12.4, installiert haben.
Angreifbar sind aber auch alle iOS-Geräte, auf denen eine Software-Version unter iOS 12.3 installiert ist.
Apple hatte den schweren Software-Fehler, den ein Mitglied des Google-Sicherheitsteams und «White Hat Hacker» gemeldet hatte, mit dem Update auf iOS 12.3 behoben. Mit dem im Juni veröffentlichten Update auf iOS 12.4 wurde die Schwachstelle allerdings wieder geöffnet. Wohl aus Versehen, noch liegt aber keine Stellungnahme von Apple vor.
Brandgefährlich. Siehe auch nächster Punkt.
«Jemand könnte eine perfekte Spyware herstellen», indem er den Fehler von Apple ausnutze, zitiert Motherboard den Sicherheitsforscher mit dem Pseudonym Pwn20wnd.
Zum Beispiel könnte eine bösartige App den Fehler ausnutzen, um der bei iOS-Geräten üblichen Sandbox zu entkommen. Das ist ein Mechanismus, der verhindert, dass Anwendungen auf Daten anderer Anwendungen oder des Systems zugreifen können – und Benutzerdaten stehlen.
Sehr vorsichtig und zurückhaltend sein beim Installieren von neuen Apps. Und beim Surfen im Internet.
Anwendungen aus dem offiziellen App Store von Apple könnten von Kriminellen manipuliert sein, um sich nach der Installation Zugriff auf fremde iOS-Geräte zu verschaffen.
Möglich seien auch Angriffe über manipulierte Webseiten, warnen Sicherheitsforscher. Dies wird als Drive-by-Attacke bezeichnet und gilt als brandgefährlich, weil ohne Zutun des Opfers ein bösartiger Code eingeschleust werden kann. Das simple Aufrufen einer HTML-Seite würde genügen.
Nein.
Wer ein iOS-Gerät von den vom Hersteller verfügten Software-Fesseln befreit, muss sich der Risiken bewusst sein. Das Risiko, gehackt zu werden, steigt exponentiell an.
Zwar kann man auf iPhones mit Jailbreak Software aus alternativen App-Stores installieren. Doch können dort nicht nur praktische Tools, sondern auch Malware lauern.
Die Software-Entwickler von Apple arbeiten wohl fieberhaft an einem weiteren Update, um das nun publik gewordene Schlamassel zu beheben. Ziel dürfte sein, mit dem nächsten Update (wohl iOS 12.4.1) die Lücke erneut zu patchen.
Source says Apple is working on a patch as we speak. https://t.co/sIDB4IIpzJ
— Lorenzo Franceschi-Bicchierai (@lorenzofb) August 19, 2019
Apple verstärkt laufend die Sicherheitsvorkehrungen für seine Software, darum ist der Wert von Programmen massiv gestiegen, die es ermöglichen, den iOS-Schutz auszuhebeln, um sich praktisch freien Zugriff aufs Gerät zu verschaffen.
Der iPhone-Hersteller liefert sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit Jailbreak-Entwicklern. Sobald eine Angriffsmethode bekannt wird, schliesst Apple die Sicherheitslücke mit einem Update. Dieses bezeichnen Sicherheitsexperten als Patch.
Sogenannte Exploits für das iPhone sind mittlerweile Millionen wert. Geheimdienste und Regierungsbehörden bezahlen viel Geld, um sich Zugriff zu fremden Geräten zu verschaffen.
Erst kürzlich hatte der iPhone-Hersteller angekündigt, das Melden von Sicherheitslücken besser zu belohnen.
Sobald es gleich lukrativ sein wird, die Lücken zu melden, statt diese auszunutzen, werden sicherlich viele den "sauberen" Weg wählen.