Grosse amerikanische Einzelhändler sind offenbar nicht allzu glücklich über Apples Vorstoss in Sachen mobiles Bezahlen. Einige haben die Unterstützung für Apple Pay übers Wochenende eingestellt. Konkret haben die Drogerieketten Rite Aid und CVS entschieden, Apple Pay nicht mehr zu unterstützen. Das zeigen in diversen US-Blogs veröffentlichte interne Schreiben sowie Beobachtungen von Kunden.
Hintergrund der Entscheidung: Die Einzelhändler versuchen gemeinsam, ein eigenes System namens CurrentC zu etablieren, eine eigene Bezahl-App, die allerdings auf einer anderen, technisch simpleren Technik basiert als Apple Pay. Hinter CurrentC steht der Merchant Customer Exchange, ein Händlerzusammenschluss. Ausgangspunkt der Entwicklung waren Bestrebungen, Mastercard und Visa mit einem eigenen Bezahlsystem das Geschäft zu verderben und so die Händlergebühren zu sparen, die bei jeder Kreditkartentransaktion fällig werden.
Zu den Ketten hinter dem alternativen Bezahlsystem gehören etwa Walmart, Best Buy, CVS, Sears und Shell-Tankstellen.
«Das CurrentC-Netzwerk wurde von führenden Händlern entwickelt, die damit das Einkaufserlebnis der Kunden einfacher, besser und sicherer machen wollen», heisst es in einer Pressemitteilung vom 3. September 2014. Schon kommendes Jahr soll es offiziell eingeführt werden. «Letztlich werden mehr als 110'000 Händler in den USA CurrentC anbieten [...] Dazu gehören auch innovative Funktionen und Vorteile wie Treueprogramme und Coupons-Systeme der Händler, die alle auf dem Handy gespeichert werden und so in den Ladengeschäften verfügbar sind.»
Technisch soll das System dem US-Blog TechCrunch zufolge anders funktionieren als Apples Bezahldienst, der auf Near Field Communication (NFC) basiert. Statt eines NFC-Chips, der berührungslos Transaktionen abwickeln könnte, setzt CurrentC dem Bericht zufolge auf das Scannen von QR-Codes mit der Handykamera. Anschliessend scannt das Kassenpersonal einen weiteren, auf dem Handybildschirm angezeigten QR-Code. Das ist zwar umständlicher als NFC-Bezahlung, hat aber den Vorteil, dass es auch mit älteren Mobiltelefonen ohne entsprechende Chips funktionieren würde.
Am Ende bezahlt wird dem Bericht zufolge per Bankeinzug, so dass die kostspieligen Kreditkartentransaktionen für die Händler entfallen würden. Allerdings sollen sich die Kreditkarten von Händler-Treueprogrammen als Zahlungsmittel einrichten lassen, ebenso wie Gutscheinkarten.
Kreditkartenfirmen nehmen typischerweise zwei oder drei Prozent Gebühren pro Transaktion. Apple behält angeblich 15 Dollar-Cent pro 100 Dollar eines Einkaufs für sich, was für die Händler weit günstiger wäre. Unklar ist, wie Apple Pay mit den hochinteressanten Einkaufsdaten umgeht. Zwar versichert Apple den Kunden, «keine Details der Transaktion so zu speichern, dass sie zu Ihnen zurückverfolgt werden können.» Aber das lässt immer noch eine statistische, anonymisierte Auswertung des Einkaufsverhaltens offen.
Derartiges Wissen hätte einen hohen Wert für die Handelsketten. Sie könnten damit Verkaufsstätten optimieren, Bedarf vorhersagen, Absatz genauer kontrollieren und Kundenprofile erstellen (auch zusammen mit den Daten aus Treueprogrammen). Das ist ein Wissen, das man nicht gerne einer anderen Firma überlässt.
So kommt der Widerstand gegen Apple Pay nicht überraschend. Ob sich neben den Drogerieketten jedoch weitere Einzelhändler dem Boykott von Apple Pay anschliessen werden, ist derzeit unklar.
(fko)