Heute (21.* 22. Dezember 2019) ist der kürzeste Tag des Jahres. Und wenn wir einen Grund gebraucht hätten, endlich eine Taschenlampe zu testen, dann wären wir nun fündig geworden.
Aber eigentlich brauchen wir keine konstruierte Legitimation. Taschenlampen sind grossartig, wahnsinnig grossartig, total unterschätzt in der Gadget-Welt. Doch es scheint, als habe nur die Werkzeugindustrie ihr Potential erkannt, die mittlerweile jedem staubigen Schraubenzieher noch gratis eine beilegt. Deshalb stapeln sich bei mir zuhause auch die LED-Taschenlampen (zur Freude der Kinder).
Doch so ein Beigemüse testen wir heute nicht. Wir testen die Fenix LR40R High-Performance Rechargeable Ultra-Compact Searching and Rescuing. Listenpreis: 299 Franken. Und wie es sich für so einen Test gehört, wenden wir uns nur den grossen Fragen zu. Die da lauten:
*In einer früheren Version war hier irrtümlicherweise vom 21. die Rede.
Damit wäre auch die Tonalität dieses Tests geklärt. Bevor wir aber zu den grossen Fragen übergehen, wollen wir erst einmal wissen, mit wem wir es zu tun haben:
Also gut.
Beantworten wir die erste der wirklich wichtigen Fragen im Zusammenhang mit einer Taschenlampe. Wie viel sind 12'000 Lumen und ...
Auf der hellsten Stufe des Scheinwerfermodus (11'000 Lumen) lässt sich das Schloss Wartegg ohne Probleme wunderbar in Szene setzen. Die vom Hersteller versprochenen 12'000 Lumen kriegt man im Parallelbetrieb der beiden Modi. Hobbymessungen anderer Tester haben ergeben, dass in Wahrheit dieser Wert sogar noch übertroffen wird.
Die Antwort auf die Frage lautet: JA, man kann ein Schloss in Szene setzen!
45 Minuten? Da kommt uns etwas in den Sinn:
Für das Experiment wollten wir die Taschenlampe unter dem Dach eines Fussballstadions befestigen. Leider gibt es keins in Zürich, und Basel ist auch keine Alternative. Also testen wir in einer Turnhalle. Schon da zeigt sich: Eine LR40R reicht nicht, was auch viel mit dem Kegelwinkel zu tun hat.
Die Antwort auf die Frage lautet: NEIN.
Die Antwort lautet: NEIN, DU IDIOT!
Und weil man es nicht genug betonen kann:
Bitte liebe Kinder und andere Zumutungen: Guckt nicht direkt in den Lichtkegel einer 12'000-Lumen-Taschenlampe. So viel Licht verursacht Schäden, die nicht immer reparabel sind. Und um euch zu beweisen, dass wir nicht spassen:
Die Antwort lautet: JA!
Hinter zwei Schweisshelmen versteckt, ist der Lichtkegel erträglich. Entfernt man aber den einen Schild, eieiei, dann wird es ganz schnell extrem ungemütlich.
Ja:
Die Antwort lautet: FAST.
Legt man ein trockenes Blatt auf die Fenix, dauert es nicht lange, bis Rauch aufsteigt. Mit etwas Zunder hätte man wohl eine Flamme produzieren können – wir wollen aber beim Testgerät keine Schäden hinterlassen. So bleibt es bei den Rauchschwaden. Trotzdem ein eindrücklicher Beweis, wie viel Power hinter der Fenix steckt.
Die Antwort lautet: NEIN, also momoll, doch, ja, ja, liebe Einbrecher. Nehmt doch bitte die LR40R mit auf eure Streifzüge.
Sogar auf der harmlosesten Stufe leuchtet die LR40R noch viel zu hell (50 Lumen). Andere Tester bemängeln, dass sie über keinen wirklich schummrigen Modus verfügt. Und tatsächlich finden auch wir, dass die LR40R sehr oft einfach zu viel des Guten ist.
Die Antwort lautet: JA!
Die Fenix verfügt über eine Powerbank-Funktion. Langweilige Menschen laden damit ihr Handy auf, damit sie danach genug Saft haben, weitere acht Stunden Reggaeton zu hören. Wir hingegen bringen einen Nintendo Classic Mini zum Laufen. Und das ohne Probleme. Sehr toll.
Die Antwort lautet: Bis einer heult.
Neben dem Stroboskop-Modus verfügt die LR40R auch noch über eine S.O.S-Funktion. Frühere Testberichte beklagen, das Morsesignal sei falsch programmiert gewesen. Wir nehmen das mal so zur Kenntnis.
Antwort: Man könnte, aber um Himmels Willen nur in Kanada!
Wieso? Niemand (ausser Rettungskräfte) in der dichtbesiedelten Schweiz benötigt eine Taschenlampe mit 12'000 Lumen, die 700 Meter weit leuchten kann. Während meiner nächtlichen Ausflüge wagte ich die LR40R beinahe nicht einzuschalten. Sie ist einfach zu hell. Einmal zielte ich unbeabsichtigt auf eine Herde Schafe. Die armen Viecher – ich kann heute noch ihre doofgrün reflektierenden Augen sehen.
Ja, es gibt harmlose Stufen – und mit denen hält der Akku eine Ewigkeit (22 Stunden genaugenommen). Aber muss man dieses Ding denn wirklich kastrieren? Muss man dafür 300 Franken ausgeben?
Nein.
Aber man kann.
Seien wir ehrlich. Die meisten Gadgets sind Overkill. Genau das ist ja der Spass daran. Solange man damit keine Piloten blendet oder sonstigen gefährlichen Unfug damit anstellt, ist die Fenix LR40R ein echt cooles Gadget. Ähnlich wie bei Waffen oder Sportwagen ist das mit Rationalität nicht mehr erklärbar. Das Ding siegt auf emotionaler Ebene, bespielt Urinstinkte, gibt das Gefühl von Macht. Macht, Licht ins Dunkle zu bringen, die Welt zu erhellen, Retter in der Not zu sein. Eine Taschenlampe mit dieser Power hat einfach Appeal. Und für Appeal gibt man gerne mal 300 Franken aus – wenn man sie denn hat. Das ist günstiger als eine Waffe oder ein Sportwagen. Und der Overkill geht nicht auf Kosten der Allgemeinheit. Doch auch für die Fenix gilt: In den falschen Händen kann es ins Auge gehen.
DerHans
Ueli_DeSchwert
Säuliämtler