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«Life is Strange: True Colors» im grossen Test

Alex zieht zu ihrem Bruder Gabe. Nach dem Wiedersehen beginnt jedoch der Ernst des Lebens.
Alex zieht zu ihrem Bruder Gabe. Nach dem Wiedersehen beginnt jedoch der Ernst des Lebens.bild: zvg
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In «Life is Strange: True Colors» darf man sich verlieben – wenn ihr es möchtet

Die «Life is Strange»-Reihe präsentiert eine neue Geschichte, in der sich eine junge Frau mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und gleichzeitig mit Schicksalsschlägen in der Gegenwart kämpfen muss. Wie schon bei den Vorgängern gibt es viel Drama, aber auch wenig Videospiel.
13.09.2021, 20:4315.09.2021, 08:46
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Die Kleinstadt Stars Hollow aus der TV-Serie «Gilmore Girls» ist ein idyllischer Ort, wo viele von uns gerne leben würden. Liebevolle Menschen, die eine innige Gemeinschaft bilden und ein Auffangbecken für kleine Dramen bereitstellen, das wärmt unser Herz. In «True Colors» dürfen wir ebenfalls in eine solche Gemeinde einziehen. Nur ist in Haven Springs nicht alles in Watte verpackt, sondern unter der Oberfläche brodelt es und die Menschen, denen wir dort begegnen, haben alle ein gewaltiges Päckchen auf ihren Schultern zu tragen. Von diesen Irrungen und Wirrungen bekommt die junge Zuzüglerin Alex aber vorerst noch nichts mit.

Ein mentaler Fluch

Alex Chen ist in einer Pflegefamilie aufgewachsen und besucht nach acht Jahren der räumlichen Trennung endlich ihren Bruder Gabe, der sich in Haven ein neues Leben aufgebaut hat und seine jüngere Schwester endlich wieder bei und um sich haben möchte. Nach vielen Therapiesitzungen und Grübeleien möchte Alex einen Neustart wagen und entschliesst sich zu ihrem Bruder zu reisen, um das Feuer des Familienlebens wieder neu zu entfachen.

Die junge Frau hat nicht nur diverse psychische Probleme, die ihren Alltag erschweren, sondern kämpft auch mit einer Gabe, mit der sie sich arrangieren muss. Alex kann nicht nur die Gefühlsregungen des Gegenübers intensiv spüren und sogar erleben, sondern besitzt auch die Fähigkeit, die Gedanken teilweise zu lesen. Dadurch ist es für sie schwierig eine normale soziale Interaktion zu tätigen. Trotz dieses mentalen Fluchs wagt sie nun aber den Eintritt in eine Gesellschaft, die sie mit offenen Armen empfängt.

Alex kann die Gefühle von anderen Menschen intensiv fühlen und nacherleben.
Alex kann die Gefühle von anderen Menschen intensiv fühlen und nacherleben.bild: zvg

Freundschaft oder Liebe?

Nachdem die ersten Freundschaften geschlossen und ein Dach über dem Kopf gefunden wurden, schlägt das Leben aber auch schon mit der harten Faust zurück. Ein Schicksalsschlag drückt den Neuankömmling auf den Boden der Tatsachen zurück und ab da muss sie sich mit ihren Fähigkeiten neu auseinandersetzen. Denn in der Kleinstadt wurde ein Verbrechen begangen, das sie nun – koste es was es wolle – auflösen will, um für Gerechtigkeit und inneren Frieden zu sorgen.

Dabei bekommt sie Hilfe von Ryan und Steph, bei denen mehr als nur eine Freundschaft drin liegt. Denn mit beiden ist es möglich, eine knisternde Liebelei zu beginnen. Und was noch viel schöner ist: Wer sich im «Life is Strange»-Kosmos auskennt, wird zu den beiden eine besonders innige Beziehung haben und sie in einen anderen persönlichen Kontext setzen.

Wer die «Life of Strange»-Reihe kennt, wird Steph bereits sehr gut kennen.
Wer die «Life of Strange»-Reihe kennt, wird Steph bereits sehr gut kennen.bild: zvg

Keine Experimente

«True Colors» bleibt der «Life is Strange»-Formel treu: In begrenzten Arealen und Räumlichkeiten wird Alex herumdirigiert, um die Hauptaufgabe des Abschnitts zu lösen. Auf Knopfdruck werden Gegenstände eingesammelt, angesehen und mit ihnen interagiert. Das Sprechen mit anderen Charakteren, die einem über den Weg laufen ist ebenso möglich, wie das freie Besuchen von diversen Lokalitäten.

Möchte Alex wichtige Infos aus den Köpfen von Menschen kitzeln, um weiter voranzukommen, kann sie ihre Fähigkeit nutzen, um die Gedanken zu lesen. Auch vereinzelten Gegenständen kann sie wichtige Infos entlocken, um die aktuellen Gefühlsregungen besser zu deuten und die Indizien zu kombinieren. Die Interaktion mit Gegenständen macht zwar dramaturgisch so gut wie keinen Sinn, bietet aber spieltechnisch immerhin eine Abwechslung.

Alex trifft in der Kleinstadt immer wieder auf Menschen, die ihre Hilfe benötigen.
Alex trifft in der Kleinstadt immer wieder auf Menschen, die ihre Hilfe benötigen.bild: zvg

Abwechslung bieten auch die Minispiele, auf die man zuweilen trifft. Während Arcade-Automaten in Videospielen nichts Besonderes mehr darstellen, gibt es im späteren Spielverlauf ein richtiges Spiel im Spiel das überrascht und besonders viel Freude schenkt. Mehr soll hier auf keinen Fall verraten werden, denn der Überraschungseffekt ist gross.

Was übrigens wirklich neu ist in «True Colors», ist die Abkehr vom Serien-Format. Das bedeutet, dass die Kapitel in «True Colors» nicht mit zeitlichen Abständen veröffentlicht werden, sondern jetzt alle fünf an einem Stück konsumiert werden können. Das jüngste Abenteuer kann somit ohne Probleme an einem Wochenende ohne Unterbruch erlebt werden.

Viel Drama, wenig Videospiel

Die «Life is Strange»-Reihe war schon immer mehr passiver Animationsfilm als interaktives Videospiel. Im jüngsten Streich lässt man aber gefühlt noch mehr die Finger vom Controller und sieht den Geschehnissen auf dem Bildschirm gespannt zu. Hier mal ein Knopfdruck, da mal eine Entscheidung wählen und es kann weiter gehen.

Wie gehabt gibt es auch jede Menge Momente, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Mal sind sie simpel und haben keinen grossen Einfluss, mal gibt es aber ziemlich harte Wahlmöglichkeiten, die die Geschichte in eine andere Richtung drücken. Verschiedene Enden kitzeln den Wiederspielwert und die Wahl einer Liebelei mit Steph oder Ryan machen weiter neugierig.

In der Kleinstadt gibt es viele wunderschöne Momente, aber auch sehr viel Drama.
In der Kleinstadt gibt es viele wunderschöne Momente, aber auch sehr viel Drama.bild: zvg

«True Colors» greift stellenweise tief in den Drama-Topf. Dabei ist es nicht nur die Geschichte von Alex, die bewegt und unsere Empathie weckt, sondern auch die der Nebenfiguren lassen uns nicht kalt. Krankheit, Trennung, Gewalt und vieles mehr wird uns da in dieser schillernden Kleinstadt präsentiert.

Und wer noch mehr Drama möchte bekommt mit einigen optionalen Geschichten die Gelegenheit für noch mehr sensible Inhalte. Zudem lohnt sich ein ständiger Blick aufs Handy um dort die vielen Nachrichten zu lesen, um noch mehr in die Gefühlswelt von Alex und den anderen Figuren einzutauchen.

Eine Frage der Empathie

Fazit: Ich muss gestehen, trotz seines Drama-Überschusses hat mich «True Colors» nicht so sehr berührt wie vergangene Geschichten aus dem «Life is Strange»-Kosmos. Zwar hat Alex auch bei mir durchaus in vielen Szenen für einen Empathie-Ausbruch gesorgt, doch ich fand die persönlichen Dramen von den Nebenfiguren viel aufregender und gerne hätte ich mit der einen oder der anderen Figur noch mehr Zeit verbracht. Die persönliche Qualität von «True Colors» steht und fällt somit mit der Intensität wie sehr einen Alex und ihre Geschichte berührt.

Der Aufenthalt in Haven Springs habe ich aber trotzdem sehr genossen. Die Kleinstadt und ihre Bewohner wuchsen mir ans Herz und ich habe mich gerne darin bewegt und war vom wieder mal fantastischen Soundtrack begeistert, der in den richtigen Momenten eingesetzt wurde und mit aller Kraft die Gefühlsregungen unterstützte und einhüllte.

Die fünf Kapitel waren aber zu schnell vorbei. Auch wenn Nebenaufgaben und sonstige Kleinigkeiten mitgenommen werden, verbringt man nicht mehr als 10 Stunden in dieser Ortschaft. Die verschiedenen Enden und möglichen Liebeleien sorgen aber dafür, dass ein erneuter Durchgang auch bei diesem «Life is Strange»-Titel zur Pflicht wird.

«Life is Strange: True Colors» ist erhältlich für Playstation 5, Playstation 4, Xbox Series X/S, Xbox One, Nintendo Switch und PC. Freigegeben ab 16 Jahren.

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