«The Order 1886» würde kaum aus der Masse herausragen, wäre es nicht für die riesige Werbekampagne und die bombastische Spielgrafik. Dahinter verbergen sich allerdings zahlreiche Versäumnisse.
Im Kern handelt es sich um einen typischen Cover-Shooter («Gears of War»). Man folgt einem linearen Weg, der immer wieder von kleineren «Arenen» unterbrochen wird. Die gilt es von allen Gegnern zu säubern. Also verschanzt man sich hinter irgendwelchen Kisten und wartet, bis die Gegner ihre Köpfchen vorstrecken. Von künstlicher Intelligenz mal wieder so gut wie keine Spur.
«The Order 1886» spielt im viktorianischen London mit Steampunk Einflüssen. Die Grafik gehört möglicherweise zum Besten, was Spiele aktuell zu bieten haben. Nur kommt die volle Pracht durch schummrige Lichtverhältnisse und eintönige Farbpalette nur selten richtig zur Geltung. Auch die Kinobalken gehören verboten.
Das London des 19. Jahrhunderts mit Retro-Zukunftsflair sorgt für eine dichte Atomsphäre. Die Sprecher (zumindest im Englischen) und die Animationen sind allesamt auf Top-Niveau. Die Zwischensequenzen sind filmtechnisch perfekt umgesetzt, nehmen allerdings gefühlt 60 Prozent des gesamten Spiels ein. Wer aber gerne zuschaut, kommt ganz auf seine Kosten. Die Story des Ordens, eine moderne Version der Ritter der Tafelrunde, im Kampf gegen aufständische Rebellen ist zwar unterhaltsam, aber völlig absehbar.
Entwickler Ready at Dawn hat das Steampunk-Szenario geschickt genutzt, um ein paar ausgefallene Waffen zu kreieren. Das Feedback von der kleinsten Pistole bis zum Blitzgewehr könnte kaum befriedigender sein. Die Soundkulisse tut ihr Übriges. Nur leider ziehen sich die Actionszenen häufig in die Länge und als ob das nicht genug wäre, folgt am Ende garantiert noch ein nerviger Qucktime-Event – das Paradebeispiel für Ideenlosigkeit.
Und wenn man schliesslich noch jede neue Waffe in seinen Händen hin und her drehen muss, bevor das Spiel weitergeht, hat man endgültig das Gefühl, eine Technik-Demo zu spielen.
«The Order 1886» ist tatsächlich ein sehr kurzes Spiel geworden. Nach rund fünf Stunden flimmert bereits der Abspann über den Fernseher mit klarem Hinweis auf eine Fortsetzung. Da es keinen Mehrspielmodus gibt und das Spiel so linear ist wie ein «Call of Duty», gibt es kaum Gründe, noch mal von vorne anzufangen.
Das soll aber niemanden davon abhalten, «The Order 1886» durchzuspielen. Ich hab mich die meiste Zeit bestens amüsiert. Ausser bei den Quicktime-Events. Drückt X, wenn ihr sie auch so satt habt. Sorry, zu spät, dann sind sie auch beim nächsten Mal wieder dabei.
«The Order 1886» bietet zwar nichts, was man nicht schon irgendwo gesehen hat, aber das hält Fans ja auch nicht davon ab, jedes Jahr aufs neue «Call of Duty» oder «Assassin's Creed» zu kaufen. Der einzige ganz klare Kritikpunkt ist die Preisleistung und die muss jeder für sich selbst entscheiden. Meine Empfehlung: ausleihen oder auf eine Preisreduktion warten.
Die Testversion von «The Order 1886» wurde uns von Sony zur Verfügung gestellt.