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Knall bei Logitech: Der langjährige Chef tritt per sofort ab

Knall bei Logitech: Der langjährige Chef tritt per sofort ab – Börsenkurs bricht ein

Elf Jahre lang führte der US-Amerikaner Bracken Darrell den Westschweizer Computerzubehörkonzern Logitech und brachte ihn zurück auf die Erfolgsspur. Nun heisst es: Aus die Maus. Sein plötzlicher Abgang wirft Fragen auf.
14.06.2023, 11:15
Benjamin Weinmann und Daniel Zulauf / ch media
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Auf Linkedin fühlt sich Bracken Darrell wohl. Der US-Amerikaner gehört zu jener CEO-Spezies, die ihre Erkenntnisse - seien es private oder solche, die das Geschäft betreffen - gerne mit ihrer Online-Gemeinschaft auf der Plattform teilen. Sein aktuellster Post vom Mittwochmorgen betrifft beides, das Private und das Geschäftliche. Denn der langjährige Lenker des Westschweizer Computerzubehör-Herstellers Logitech tritt ab. Per sofort.

Bracken Darrell, CEO Logitech, speaks during a balance media conference in Zurich, Switzerland, on Wednesday, April 26, 2017. Logitech generated a net profit of 192 million dollars in the accounting y ...
Bracken Darrell tritt ab (Archivbild).Bild: KEYSTONE

«Nach elf Jahren verkünde ich heute meinen Abgang von Logitech», schreibt Darrell und beginnt gleich mit der Auflistung seiner Erfolge in dieser Zeit. Der Marktwert der Firma sei verzehnfacht worden, das Geschäft mit Videokonferenzen sei heute führend, die Umsätze mit Computerspielen seien von 40 Millionen auf eine Milliarde Dollar angestiegen und das einst eingeschlafene Desktop-Geschäft erziele nun über 2 Milliarden Dollar.

«Heute werde ich Basketball spielen»

Nach einer langen Dankesrede lässt der sich stets locker gebende 60-Jährige zum Schluss durchblicken, dass er anderswo anheuert: «Ich werde bald zu neuen Abenteuern aufbrechen … aber heute Abend werde ich Basketball spielen.»

Ob bei Darrells Abgang aber wirklich alles sportlich abgelaufen ist, darf angezweifelt werden. So bleibt unklar, wohin es den US-Amerikaner als nächstes zieht und ob dies zu Unstimmigkeiten mit dem Verwaltungsrat führte. Dieser wird seit 2019 von der Amerikanerin Wendy Becker geführt, die auch den britischen und italienischen Pass hat. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Darrell steht ebenfalls nicht bereit. Stattdessen übernimmt Verwaltungsrat Guy Getch interimistisch.

Zudem betonte Darrell in praktisch jedem Interview bis zuletzt, dass er nicht wüsste, weshalb er Logitech verlassen sollte. Er liebe seinen Job. Ein Insider glaubt derweil nicht an eine Hauruckübung: «Bracken hat immer gesagt, dass er zehn Jahre bleiben würde, nun sind es elf geworden. Seine Interessen gehen weit über die Dimensionen der Firma hinaus, gut möglich also, dass er etwas ganz anderes machen wird.»

Star-Influencer und Emojis

Auch bei den Investoren galt Darrell als beliebt - und erfolgreich. Bevor er 2013 den Chefsessel bei Logitech übernahm, hatte der Mäuse-Konzern mit dem Hauptsitz in Lausanne und im Silicon Valley zu kämpfen.

Darrell, der Vater von drei erwachsenen Kindern und Konsumgüterfirmen wie Procter & Gamble, Braun und Whirlpool in seinem Lebenslauf, schaffte es, der Marke ein modernes Image zu verschaffen, indem er die Strategie fokussierte und das Design in den Vordergrund rückte. Zuletzt lancierte Logitech beispielsweise eine bunte Tastatur mit integrierten Emoji-Knöpfen anstelle von Zahlen. Und in der Werbung setzte Darrell auf Stars wie US-Sängerin Lizzo.

Der eigentliche Booster erfolgte allerdings ohne Darrells Zutun. Die Corona-Pandemie sorgte für ein Umsatzwachstum sondergleichen, da sich weltweit Büroangestellte im Home Office installierten und dafür Mäuse, Bildschirme, Tastaturen oder Kopfhörer benötigten. Und Logitech war zur Stelle. Die Umsätze stiegen so stark, dass die Firma mit Büros in über 30 Ländern sogar die Schweizer Traditionsfirma Swatch aus dem Börsenindex Swiss-Market-Index (SMI) verdrängte, der die Kursentwicklung der 20 wertvollsten und meistgehandelten Aktien an der Schweizer Börse abbildet. Damit stieg auch Darrells jährlicher Lohn, der zuletzt rund 10 Millionen Dollar betrug.

Doch der Dämpfer war unausweichlich, denn irgendwann waren alle Heimbüros eingerichtet. Darrell gab sich aber auch nach den ersten Anzeichen dafür unbeirrt: «Ich bin auf jeden Fall sehr optimistisch was das langfristige Wachstum anbelangt», sagte er im Interview mit dieser Zeitung vor zwei Jahren.

Minus von 22 Prozent

Nur: Die Zahlen sprachen zuletzt eine andere Sprache. Von Januar bis März sank der Umsatz in diesem Jahr um 22 Prozent auf 960 Millionen Franken. Bereits im Quartal zuvor betrug das Minus 22 Prozent. Denn nebst der Tatsache, dass der Bedarf an Mäusen und Tastaturen nach der Pandemie kleiner wurde, spürte die Firma das wirtschaftliche Umfeld mit den Lieferengpässen und die auf die Konsumentenstimmung drückende Inflation.

Darunter litt nicht nur der Umsatz, sondern auch der Gewinn. Dieser, auf Stufe Ebit, sank zuletzt um 47 Prozent. «Trotz des Umsatzrückgangs sind wir deutlich grösser als vor der Pandemie», liess sich Darrell dazu zitieren. Doch auch die Prognosen für den weiteren Geschäftsverlauf gehen von einem Schrumpfen vor.

An der Schweizer Börse brach der Kurs der Logitech-Aktien am Mittwochmorgen um gegen 9 Prozent auf unter 53 Franken ein. Im Frühjahr 2021 hatten die Titel einen historischen Höchststand von 125 Franken erreicht, nachdem sie im Zug der Pandemie rasch auf dieses Niveau geklettert waren.

Folgt der Rauswurf aus dem SMI?

Inzwischen beläuft sich der Börsenwert von Logitech aber nur noch auf rund 9 Milliarden Franken. Das ist der mit Abstand niedrigste Wert aller SMI-Firmen. Es würde deshalb nicht überraschen, wenn die Indexkommission der Schweizer Börse Mitte Juli beschliessen würde, Logitech im SMI durch eine andere Aktie zu ersetzen. Auf den Aufstieg warten zum Beispiel schon länger die Aktien des Dentalimplantate-Herstellers Straumann.

Am Schweizer Hauptsitz von Logitech auf dem Campus der ETH Lausanne zählt die Pionierin der Computermaus noch rund 300 Angestellte. In Newark, in der Bay Area von San Francisco, und anderen US-Standorten sind es mehr als 600. Insgesamt zählt Logitech über 8000 Angestellte. Hergestellt werden die Computerzubehör-Artikel unter anderem in China - in Suzhou und Schanghai. Jährlich produziert der 1981 gegründete Konzern rund 150 Millionen Produkte und verkauft sie in über 100 Ländern. (aargauerzeitung.ch)

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