Bei katastrophalen Ereignissen wie den jüngsten Unwettern im Wallis oder im Tessin setzt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) künftig auf eine sogenannte Multikanal-Strategie. Dabei spielt das Smartphone (auch ohne Alertswiss-App) eine zentrale Rolle.
Die Alarmierung und die Information der Bevölkerung in Krisenfällen sollen an die Digitalisierung und das Verhalten der Bevölkerung angepasst werden.
Neue Technologien und ein sich veränderndes Medienverhalten stellten die Effektivität der bestehenden Instrumente teilweise infrage, wie Verantwortliche des Bundes am Donnerstag in Bern erklärten.
Gegenwärtig sorgen 5000 stationäre und 2200 mobile Sirenen in den Gemeinden, das Radio sowie die Alarm-App Alertswiss, die von den Kantonen genutzt werden kann, für die Alarmierung. Dieses System genügt nicht, wie die jüngsten Vorkommnisse gezeigt haben. Viele Menschen in den betroffenen Gebieten erfuhren erst spät von den zum Teil lebensbedrohlichen Entwicklungen.
Die Information und Alarmierung der Bevölkerung sind eine zentrale Aufgabe des Bevölkerungsschutzes, der durch den Bund und die Kantone sichergestellt werden muss. «Wir können die Bevölkerung nur schützen, wenn wir sie rechtzeitig warnen», sagte Michaela Schärer, Direktorin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (Babs), am Donnerstag vor Journalisten.
Katastrophen im Ausland, etwa das Hochwasser im Ahrtal in Deutschland oder der Krieg in der Ukraine, haben gezeigt, dass einerseits die Informationsübermittlung via Smartphone essenziell, respektive unverzichtbar ist. Anderseits erfüllten auch Sirenen vor Ort mit ihrer hohen Ausfallsicherheit eine wichtige Funktion.
Das Babs will nun ein weiterentwickeltes Kernsystem zur Erfassung von Meldungen mit den bewährten Ausgabekanälen Sirenen, Alertswiss-Website und -App kombinieren. Das flächendeckende, «hoch verfügbare» Sirenennetz soll dabei beibehalten werden. Die Alertswiss-App und -Website soll weiterentwickelt werden, etwa um künftig auch verbesserte barrierefreie Inhalte zur Verfügung zu stellen, hiess es weiter.
Hinzu kommt nun Cell Broadcast, das bereits seit einiger Zeit vom Parlament gefordert worden war.
Cell Broadcast ist eine auf den Mobilfunknetzen basierende Technologie, um kurze Mitteilungen von circa 500 Zeichen pro Sprache auf alle Mobiltelefone im Empfangsbereich einer Antenne zu schicken.
Die Technologie erhöht die Reichweite von Warnungen und Alarmierungen laut dem Babs stark, da innert Sekunden alle Mobilgeräte im betroffenen Gebiet mit kurzen Instruktionen erreicht werden können.
Der Fokus auf Web- und mobilfunkbasierte Kanäle sei vor allem wegen derer überlegenen Fähigkeit, eine hohe Anzahl Menschen mit komplexen Informationen zu erreichen, angezeigt, hiess es weiter. So oder so sollten alle verfügbaren Kanäle «situativ passend genutzt werden», sagte Christian Fuchs, Co-Leiter Ereigniskommunikation beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom).
Das zuständige Bundesamt rechnet mit voraussichtlichen Kosten von rund 310 Millionen Franken für den Bund zwischen 2026 und 2035.
Für die Erweiterung des Alarmierungssystems mit Cell Broadcast rechnet der Bund mit Kosten von 58 Millionen Franken zwischen 2026 und 2035. Die Betriebskosten pro Jahr werden vom Babs mit 5,2 Millionen Franken beziffert.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz will das Ultrakurzwellen-Notfallradio (UKW) in Schutzräumen ab 2027 abschaffen. Dies wird mit den hohen Betriebskosten des gegenwärtigen, UKW-gestützten Notfallradios sowie der laut dem Babs «sehr hohen» Investitionskosten bei einer Umrüstung auf DAB+ begründet. Die digitale Radioübertragung würde zudem nur einen geringen Zusatznutzen einbringen, heisst es.
«Wenn die ganze Bevölkerung nicht mehr UKW hört, bringt es nichts mehr, UKW aufrechtzuerhalten», sagte Babs-Direktorin Schärer. Dabei handle es sich aber nur um die Sender, die in den Schutzräumen betrieben werden. Verbreitungspflichtige Radiomeldungen blieben ein wichtiger Zusatzkanal.
Das Notfallradio sei zwar für den Fall eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen in seiner heutigen Ausprägung unverzichtbar. Es sei aber fraglich, ob die Sender in einer solchen Situation nicht selber zum Ziel von Angriffen mit Präzisionswaffen würden, hiess es weiter.
Demgegenüber plant das Babs eine Weiterentwicklung des Konzepts der Notfalltreffpunkte, das bislang nicht in allen Kantonen der Schweiz umgesetzt wird.
Die Erfahrungen aus der Ukraine hätten gezeigt, wie wichtig es für die Bevölkerung sei, auch bei Kommunikations-Ausfällen eine Möglichkeit zu haben, via Mobiltelefone mit dem eigenen Umfeld zu kommunizieren und verlässliche Informationen zu beziehen.
Das Bundesamt will daher mit den Kantonen Möglichkeiten prüfen, an den Notfalltreffpunkten WLAN und Lademöglichkeiten für Mobiltelefone zur Verfügung zu stellen.
Notfalltreffpunkte seien ein in den meisten Kantonen realisiertes Konzept, um im Krisenfall eine Anlaufstelle an einem vordefinierten Ort zu schaffen.
«Selbst die besten Systeme können Verletzte und Tote aber nicht immer verhindern», sagte Babs-Direktorin mit Bezug auf die jüngsten Unwetter in der Südschweiz. Umso wichtiger sei es, dass die Systeme bekannt seien. So könnten die Risiken minimiert werden.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA
(dsc)
-Unabhängig vom Betriebssystem ist,
-bereits auf der halben Welt funktioniert,
besser ist als eine App? Aber den Standard gibt es ja erst seit 1999, und mit 25 Jahren Verspätung sind wir für Schweizer Verhältnisse immer noch recht flott unterwegs, oder?