Früher war das Silicon Valley Barack Obama sehr gewogen. Die grössten Firmen der US-IT-Branche und ihre Mitarbeiter spendeten kräftig für die Wahlkämpfe des Demokraten. Die Unterstützung der Tech-Community galt als wichtiger Grund für Obamas Wahlerfolge. Der Präsident traf sich zu intimen Abendessen mit den Grössen des Silicon Valley.
Seit den Snowden-Enthüllungen aber hat sich das Klima merklich abgekühlt. Immer neue Forderungen der US-Sicherheitsbehörden nach noch weiteren Zugriffsrechten sorgen bei den Tech-Firmen für Unmut. Und jetzt schlägt sich das auch in einem offenen Affront gegen Obama selbst nieder.
Für den heutigen Freitag hat der Präsident zu einem Gipfeltreffen an die Stanford University in Kalifornien geladen. Das werde «alle zusammenbringen», hatte Obama vor einem Monat noch angekündigt: die Industrie, Tech-Firmen, Strafverfolger, Datenschützer und Juraprofessoren, die auf dieses Gebiet spezialisiert sind.
Essen mit Obama? Diesmal nicht
Mehrere sehr prominente Eingeladene werden zum Gipfel nicht erscheinen: Google-Chef Larry Page, Yahoo-CEO Marissa Mayer und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zum Beispiel. Auch Googles Verwaltungsratschef Eric Schmidt wird offenbar nicht teilnehmen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Auch Microsofts Vorstandsvorsitzender Satya Nadella wird dem Webmagazin «Silicon Republic» zufolge fehlen. Apple-Chef Tim Cook dagegen soll dem Vernehmen nach vor Ort sein. Ein geplantes Essen von Obama mit ausgewählten Branchenvertretern wird weit weniger prominent besetzt sein als erwartet.
Statt der Chefs sollen Sicherheitsexperten der vier Firmen der Konferenz beiwohnen. Bei einer Podiumsdiskussion zum Ende der Veranstaltung werden demnach Google-Manager Eric Grosse, Alex Stamos von Yahoo, Joe Sullivan von Facebook und Scott Charney von Microsoft über Sicherheitsfragen sprechen. Alle vier sind die hochrangige Sicherheitsexperten ihrer jeweiligen Arbeitgeber. Ein Sprecher des Weissen Hauses sagte Bloomberg, man sei «erfreut über deren Teilnahme». Die Absage der Chefs kommentierte er nicht.
Streit um Spionage und Smartphone-Verschlüsselung
Ziel der Veranstaltung ist es, die Unternehmen zu stärkerer Kooperation im Kampf gegen Hackerangriffe zu überreden, nicht zuletzt als Reaktion auf die spektakuläre Attacke auf das Filmstudio Sony Pictures und die nachfolgenden Enthüllungen von Unternehmensinterna. Die US-Regierung macht Nordkorea für den Angriff verantwortlich.
Die auf Washington-Interna spezialisierte Zeitung «The Hill» berichtete, Obama wolle bei der Konferenz eine Exekutivanordnung ankündigen, um verstärkten Informationsaustausch zwischen Privatunternehmen und dem Heimatschutzministerium der USA zu ermöglichen.
Dem Bericht zufolge wird es darum gehen, wie die Unternehmen künftig besser mit dem National Cybersecurity and Communications Integration Center (NCCIC) des Heimatschutzminsteriums kommunizieren können. Bislang gilt der Informationsaustausch in diesem Bereich als langsam und ineffizient.
Die Absage der Firmenchefs wird weithin als Signal gedeutet, dass man im Silicon Valley erst einmal die Kontroversen um die Aktivität der eigenen Sicherheitsbehörden klären will. Dabei geht es nicht nur um die Snowden-Enthüllungen, sondern beispielsweise auch um das Verschlüsseln von Mobiltelefonen. Sowohl Apple-Geräte als auch Googles Betriebssystem Android sehen mittlerweile vor, dass die Inhalte von Smartphones, solange sie gesperrt sind, vollständig verschlüsselt vorliegen. Erst durch Eingabe des Sicherheitscodes, die Betätigung des Fingerabdrucksensors oder andere Entsperr-Mechanismen wird die Verschlüsselung aufgehoben.
Immer wieder haben Vertreter der US-Sicherheitsbehörden in den vergangenen Monaten gegen diesen Schritt protestiert. Sie fordern eine Möglichkeit, die Zugriffsbeschränkungen zu umgehen. Die IT-Firmen, die sich um das Vertrauen ihrer nationalen und internationalen Kundschaft sorgen, haben solche Begehrlichkeiten bislang klar abgelehnt.
(cis)