Es gibt Töne, die zerren an den Nerven. Doch es geht noch schlimmer. Hör dir mal den folgenden Sound an.
Bei TikTok ist in Zusammenhang mit dem oben verlinkten Sound von «Audio-Folter» die Rede. Und im Begleittext zum YouTube-Video wird gewarnt, dass das Anhören der Töne Angstzustände und Panik auslösen könne.
Tatsächlich ist das Phänomen alles andere als neu, wie die amerikanische Wissenschaftsjournalistin Beth Skwarecki in einem Beitrag für Lifehacker schreibt. Vielmehr lässt sich das Phänomen bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen.
Die Geräusche, die TikToker als Folter bezeichnen und versuchen, sie möglichst lange auszuhalten, seien verschiedene Versionen dessen, was als Shepard-Ton bekannt ist.
Dabei handelt es sich um «eine Audio-Illusion», ein Track, dessen Tonhöhe immer höher und höher zu werden scheint, selbst wenn man ihn in einer Schleife abspielt.
Das erstmals 1964 vom Psychologen Roger Shepard dokumentierte Phänomen der scheinbar unendlich aufsteigenden Tonhöhe ist schon in Kompositionen im 16. Jahrhundert verwendet worden. In wissenschaftlichen Abhandlungen ist von der «Zirkularität der Tonhöhe» die Rede. Es handelt sich um eine akustische Täuschung.
Beth Skwarecki beschreibt die Grundidee wie folgt:
Offensichtlich kann die Tonhöhe nicht unendlich ansteigen, denn es gibt physische Grenzen, wie hoch ein Instrument klingen und was das menschliche Ohr hören kann.
Da aber mehrere Töne (das heisst Sinuswellen) parallel ansteigen, folgt das Ohr dem Anstieg von einer Oktave zur nächsten und immer weiter, obwohl jedes einzelne Instrument im Loop nur eine Oktave spielt und dann wieder auf den Anfang zurücksetzt.
Damit dies als Endlosschleife wahrgenommen wird, sei ein weiterer Trick erforderlich, erklärt Beth:
Das funktioniert übrigens auch mit einem fallenden Ton, wie das Beispiel des Shepard-Risset-Glissando zeigt:
Das Video ist übrigens eine fraktale Version von MC Eschers Kunstwerk «Circle Limit III», heisst es im Beschrieb.
TikTok-User fordern sich gegenseitig heraus, den Shepard-Ton möglichst lange anzuhören. Stundenlang, oder gar Tage.
@seandreww Reply to @devanator1000 Watch Shepards Tone defeat me.. how long could you last? #challenges #fyp ♬ original sound - Sean Andrew
In den Teaser-Texten zu ihren Kurzvideos übertreiben sie, wie man das auch von anderen Social-Media-Plattformen kennt, und so wird etwa behauptet, dass der Soundtrack «dich buchstäblich in den Wahnsinn treiben wird».
Mit wohligem Gruseln heisst es, dass niemand in der Lage sei, die Töne länger zu hören, ohne verrückt zu werden. Manchmal werden auch Symptome wie Übelkeit oder Panikattacken als mögliche Nebenwirkungen genannt.
Das mag unangenehm sein. Und vereinzelt sollen die Töne auch so etwas wie Albträume ausgelöst haben.
Tatsächlich hat das aber wenig mit echter Folter zu tun, wie Beth Skwarecki betont: So setzte etwa der US-Geheimdienst CIA «einige der beliebtesten und kultigsten Songs Amerikas als Folterinstrument ein» und versuchte, Häftlinge mit pausenlos abgespielter lauter Musik zu brechen.
Dabei kamen Death-Metal- und Country-Stücke zum Einsatz, aber auch Hits von Bruce Springsteen.
Menschenrechtsverletzungen, die nichts brachten:
(dsc)
Skunk42
Ribosom
Und natürlich: Jeder kann machen, schauen, sagen was er will. Jeder kann seine Meinung haben.🤷♀️