Für Elon Musk ist ein Bezahlmodell für alle Nutzer von X (ehemals Twitter) entscheidend, um Bots auf der Plattform zu bekämpfen. Das sagte der Tech-Milliardär in einem Gespräch mit Israels rechtskonservativem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, wie das Magazin «Insider» berichtet. Nur mit einer Paywall könne man die «riesige Armee von Bots» auf dem Dienst loswerden, sagte Musk während des Gesprächs, das auf X übertragen wurde.
Musk hofft, dass die Ersteller solcher automatisierter Accounts durch den finanziellen Aufwand abgeschreckt werden. Selbst wenn ein Bot-Account nur einen kleinen Beitrag koste, seien die effektiven Kosten für eine grosse Anzahl davon sehr hoch, so Musk.
Es ist nicht das erste Mal, dass Musk über eine Paywall für alle X-Nutzer nachdenkt. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Milliardär mit seinem Berater David Sacks ein solches Finanzierungsmodell diskutiert, wie das Magazin «Platformer» damals berichtete.
Später führte X ein kostenpflichtiges Abo ein, das für acht US-Dollar pro Monat dem Account ein blaues Häkchen hinzufügt und unter anderem die Möglichkeit bietet, Nachrichten im Nachhinein zu bearbeiten. Beiträge von Bezahl-Mitgliedern werden zudem bevorzugt angezeigt.
Musk und Netanjahu hatten am Montag über Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz gesprochen. KI könne zugleich «ein Segen und ein Fluch» sein, sagte Netanjahu bei dem Treffen nach seiner Landung in San Jose in Kalifornien.
Wie Netanjahu sprach sich Musk, der jüngst selbst eine KI-Firma gegründet hatte, für Kontrollmechanismen aus. Musk nannte KI «die potenziell grösste Bedrohung der Zivilisation». Netanjahu lobte Musks Vorgehen gegen Antisemitismus in sozialen Netzwerken.
Mehreren Studien haben zuvor gezeigt, dass seit Musks Twitterübernahme Hassrede und antisemitische Postings zugenommen haben. Musk zog darauf vor Gericht gegen kritische Online-Forscher, die Hassrede und Falschinformationen im Netz aufdecken und die mangelhafte Inhalte-Moderation des sozialen Netzwerkes anprangerten.
Anfang September hat Musk zudem angekündigt, eine Verleumdungsklage gegen die jüdisch geführte Bürgerrechtsorganisation Anti-Defamation League (ADL) zu prüfen. Die US-Organisation setzt sich für die Bekämpfung von Antisemitismus und Extremismus ein und kritisierte X, da antisemitische Postings nicht entschieden genug gelöscht würden. Die ADL sprach von einer «antisemitischen Kampagne» auf der Plattform. Auslöser waren unter anderem antisemitische Beiträge sowie Musks Attacken gegen den jüdischen Finanzier George Soros. Musk sprach darauf von Verleumdung und behauptete, die ADL dränge Werbetreibende dazu, die Plattform zu meiden.
X ist auf der Suche nach neuen Einnahmen, da die Werbeeinnahmen eingebrochen sind. Viele grosse Unternehmen wollen nicht mehr auf X werben, weil sie einen Imageverlust befürchten. Andere nutzen die tieferen Anzeigenpreise, und werben weiter auf X.
Apple etwa, traditionell einer der grössten Werbekunden auf Twitter, schaltet weiterhin Anzeigen auf Musks Plattform. Einflussreiche Apple-Influencer wie John Gruber stellten diese Entscheidung angesichts der Vorwürfe der Anti-Defamation League in Frage.
Darauf angesprochen sagte Apple-Chef Tim Cook am Sonntag in einem Interview mit CBS, Antisemitismus sei «abscheulich». Aber der Twitter-Nachfolger sei «ein wichtiges Gut. Ich mag das Konzept, dass es für den Diskurs da ist und als Marktplatz dient». Damit übernahm der Apple-Chef fast eins zu eins Musks Narrativ von der zu rettenden Meinungsfreiheit und Demokratie.