Viel wurde in den vergangenen Tagen über die Ausschreitungen in Marseille zwischen englischen und russischen Hooligans berichtet. Kaum ein Medium, das das Thema nicht aufgriff – zahllose Experten äusserten ihre Meinung zum Thema. Auch die Politik mischte sich ein und die UEFA sprach gestern für den russischen Verband einen Ausschluss auf Bewährung aus.
Nun hat sich erstmals ein Direktbeteiligter geäussert. Wladimir, so will er genannt werden, ist russischer Hooligan und war am Samstag und Sonntag dabei, als sich in den Gassen und im Stadion Marseilles kriegsähnliche Szenen abspielten. Im Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP gibt er zu Protokoll, dass er zehn Jahre lang auf eine solche Chance gewartet habe. «120 Russen haben 2000 Engländer in die Flucht geschlagen, und die ganze Welt hat es gesehen», sagt der zweifache Familienvater stolz.
«Die Engländer sagen immer, dass sie die grössten Fussballrowdys sind», so Wladimir weiter. «Aber wir sind hingegangen und haben gezeigt, dass die Engländer Mädchen sind». Als Dokument dafür haben die russischen Hooligans, die Kampfszenen gefilmt und ins Internet gestellt.
Mit Hass habe der Angriff nichts zu tun gehabt, meint der Fan von Lokomotive Moskau. «Wir wollten nur zeigen, dass wir die stärksten sind.» Die Engländer seien nur Blender, meint Wladimir. «Sie sind nicht bereit, mit ihren Fäusten zu kämpfen, das können sie nicht. Wir haben gewonnen.» Er und seine Kollegen hätten im Gegensatz zu den Engländern keine Flaschen und Stühle geworfen, erklärt Wladimir.
Um zu unterstreichen, dass er die Engländer nicht aus Hass angegriffen hat, hält Wladimir fest: «Danach würde ich mich mit Vergnügen mit einem Engländer, den ich gerade noch verprügelt habe, in eine Bar setzen, ein Bier trinken und über Politik reden.»
Apropos Bier: Die Engländer seien ziemlich betrunken gewesen. «Das sind dicke alte Männer, die viel Bier trinken.» Vladimir und seine Kumpels seien hingegen relativ nüchtern, gut vorbereitet und trainiert gewesen. «Die meisten von uns betreiben Kampfsportarten.»
Mittlerweile befindet sich Wladimir wieder in Moskau, für die kommenden Spiele erwartet er keine grösseren Ausschreitungen mehr. «Ich gehe erst wieder nach Frankreich, wenn Russland im Endspiel steht.» Angesprochen auf den angedrohten Ausschluss des russischen Teams seitens der UEFA, meint Wladimir: «Nichts wird uns aufhalten!» (cma)