Der Skandal im Fussball-Weltverband FIFA erreicht die höchste politische Ebene: Am Mittwochabend forderte Russland, WM-Ausrichter 2018, die USA auf, den «illegalen, exterritorialen Gebrauch der US-Rechtsprechung» zu unterlassen. Washington solle «die Versuche stoppen, seine Gesetze weit ausserhalb der eigenen Grenzen anzuwenden», teilte das russische Aussenministerium in einer Stellungnahme mit.
Auch die USA hätten sich an internationale rechtliche Abläufe zu halten, hiess es in der Mitteilung weiter. Es sei nicht der erste Vorfall dieser Art: «Wir fordern Washington auf, sich nicht wie ein Richter ausserhalb seiner Grenzen aufzuführen.»
Nach einem Amtshilfegesuch der US-Justizbehörde hatte die Schweizer Kantonspolizei in Zürich am Mittwochmorgen sieben hochrangige FIFA-Funktionäre festgenommen. Ihnen wird im Rahmen eines US-Verfahrens Geldwäsche, die Annahme von Bestechungsgeldern sowie Korruption bei WM-Vergaben und TV-Rechten vorgeworfen werden. Sechs der Männer verweigerten bereits die umgehende Auslieferung an die USA.
Dafür gibt es aus ihrer Sicht gute Gründe, denn bei einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten drohen teils drastische Strafen – bis zu 20 Jahre Haft. Das sei die Höchststrafe in solchen Fällen von organisierter Kriminalität, sagte US-Justizministerin Loretta Lynch bei einer Pressekonferenz in New York. Die US-Justiz beschuldigt insgesamt 14 Personen, die Vorfälle reichen bis zu 24 Jahre zurück. Ob auch FIFA-Präsident Sepp Blatter Ziel der US-Ermittlungen sei, wollte Lynch nicht beantworten.
Lynch zufolge sind allein im Zusammenhang mit der Vergabe der Copa America 2016 in den USA rund 110 Millionen Dollar (101 Millionen Euro) an Bestechungsgeldern geflossen. Das Turnier findet im kommenden Jahr erstmals ausserhalb von Südamerika statt. Es wird anlässlich des 100. Geburtstages des südamerikanischen Verbandes als Gemeinschafts-Event Copa America Centenario in den USA ausgetragen.
Wie die Schweizer Bundesanwaltschaft mitteilte, haben Ermittler in der Zentrale des Weltverbands Dokumente und Datenträger beschlagnahmt. Es bestehe der Verdacht, dass auch «bei den Vergaben für die Weltmeisterschaften 2018 sowie 2022 Unregelmässigkeiten begangen worden sind».
Der New Yorker Staatsanwalt Kelly Currie erklärte, die Festnahmen in Zürich seien «erst der Anfang». «Weitere Individuen und Einrichtungen in zahlreichen Ländern» würden noch überprüft. Die Anklageschrift des Justizministeriums verweist auf 25 namentlich nicht genannte Mitverschwörer.
Ungeachtet der sich überstürzenden Ereignisse geht die FIFA demonstrativ zur Tagesordnung über. Der 79-jährige Blatter will sich am Freitag für eine fünfte Amtsperiode als Präsident wiederwählen lassen.
(jok/sid/dpa/Reuters )