Im FIFA-Fall hat die Bundesanwaltschaft bereits die ersten Funktionäre einvernommen: «Der Prozess der Befragungen begann am Donnerstag», sagt Sprecher André Marty in der «NZZ am Sonntag». Die Ermittler führen ihre Untersuchung wegen mutmasslicher Bestechung bei der Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaften an Russland und Katar seit zweieinhalb Monaten. Das Strafverfahren läuft noch immer gegen Unbekannt.
Deshalb ist die brisanteste Frage in diesem Fall: Wer gerät ins Visier der Ermittler? Laut «NZZ am Sonntag» sind das die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, die vor fünf Jahren für die Vergabe der Weltmeisterschaften nach Russland im Jahr 2018 und Katar im Jahr 2022 gestimmt hatten. Unter ihnen befindet sich einige Prominenz, etwa der deutsche Franz Beckenbauer, der französische UEFA-Präsident Michel Platini oder der russische Sportminister Witali Mutko. Daneben dürfte sich die Bundesanwaltschaft für den spanischen Verbandspräsidenten Ángel María Villar Llona interessieren. Ins Visier könnte schliesslich auch der katarische Geschäftsmann Mohamed bin Hammam geraten.
Am Vorgehen der Bundesanwaltschaft wird allerdings bereits Kritik laut. Der Grund: Formell ermittelt sie nicht wegen Bestechung, sondern wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. «Es ist sehr fraglich, ob die Bestechungs-Vorgänge, die hier im Raum stehen, mit dem Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung geahndet werden können», sagt dazu Mark Pieth, Professor an der Universität Basel und Spezialist für Korruptionsstrafrecht, in der Zeitung.
Marty nimmt auch in der «Schweiz am Sonntag» Stellung zur Aktion: Es sei «umfangreiches Material sichergestellt worden, das neue Informationen enthält», sagt Marty gegenüber der Zeitung. Ob das Verfahren der Bundesanwaltschaft gerichtsfeste Resultate bringt, bleibt fraglich. Doch Hilfe kommt laut der «Schweiz am Sonntag» vielleicht aus den USA: Die dortige Justiz verfüge, so heisst es, auch dank der Datenlieferungen der Schweizer Banken im Steuerstreit über sachdienliches Material. «Ein Austausch an Informationen müsste den ordentlichen Rechtsweg, also per Rechtshilfeersuchen, gehen», sagt BA-Sprecher Marty dazu.
Die Polizeiaktion wurde bekanntlich von der Schweiz durchgeführt. Die USA haben die Schweiz darum gebeten. «Wir haben den Einsatz mit dem Department of Justice abgestimmt», sagt BJ-Sprecher Folco Galli zu «Sonntagsblick». Er hätte geheim bleiben sollen. Doch das Department informierte die «New York Times» über die Polizeipläne in der Schweiz. Politiker von links bis rechts sind empört. «Das ist degoutant», sagt der Zürcher SP-Nationalrat Martin Naef.
«Die Schweizer Polizisten sind zu Schauspielern und Statisten einer öffentlichen Inszenierung degradiert worden», so Naef. Letztlich untergrabe die Aktion die Demokratie. «Die öffentliche Demütigung von Beschuldigten widerspricht meiner Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit vollständig», sagt Naef.
Säuerlich reagiert das Bundesamt für Justiz. «Es ist nicht erfreulich, falls die Presse im Voraus über eine Polizeiaktion informiert wird», sagt BJ-Sprecher Galli. «Das kann den Erfolg einer solchen Aktion gefährden.» Nationalrat Christoph Mörgeli tadelt das Verhalten der offiziellen Schweiz. «Das Bundesamt für Justiz ist obernaiv zu glauben, die Amerikaner gäben keine Informationen an die Presse weiter.» Die Verhaftung sei «ein kriecherischer Akt der Schweiz gegenüber den USA» gewesen. «Einmal mehr hat sich das Bundesamt für Justiz nicht mit Ruhm bedeckt.» (feb)