Zwar sei sie «überzeugt», dass die Äusserungen des Parteigründers «böswillig interpretiert» worden seien, sagte sie dem Nachrichtenportal lefigaro.fr. Angesichts der «sehr grossen Erfahrung» ihres Vaters sei es jedoch ein Fehler gewesen, eine solche Interpretation nicht vorhergesehen zu haben. Diesen Fehler müsse der Front National (FN) nun ausbaden.
Möglicherweise positiv an dem Vorfall sei aber, dass er ihr erlaube, daran zu erinnern, dass «der Front National auf das Schärfste jede Form des Antisemitismus verurteilt», fügte Marine Le Pen hinzu. Zuvor hatte schon ihr Lebensgefährte und Vize-Präsident der Partei, Louis Aliot, die Äusserung von Jean-Marie Le Pen als «dumm» bezeichnet.
Der Front National war bei der Europawahl im Mai stärkste Kraft in Frankreich geworden. Die nationalistische Partei gab sich in der jüngsten Vergangenheit ein Image, das mit dem offensichtlichen Rassismus früherer Jahre nur wenig mehr gemeinsam hatte.
Jean-Marie Le Pen, der Ehrenvorsitzender der Partei ist, wurde bereits mehrfach wegen rassistischer oder neonazistischer Äusserungen verurteilt, unter anderem, weil er die Gaskammern in den Konzentrationslagern als «Detail der Geschichte» bezeichnet hatte.
Nun sorgte er in Frankreich erneut mit als antisemitisch eingeschätzten Äusserungen für Empörung. In einem Video äusserte sich Le Pen abfällig über prominente Kritiker seiner Partei, darunter US-Sängerin Madonna und Ex-Tennisspieler Yannick Noah.
Das Video wurde auf der FN-Website veröffentlicht, am Sonntag allerdings war es nicht mehr zugänglich. Eine Interviewerin sprach Le Pen darin auf «all diejenigen an, die geschworen haben, im Falle eines Wahlsieges des Front National ihre Habseligkeiten zusammenzupacken und Frankreich zu verlassen».
Le Pen nannte dabei Yannick Noah, der inzwischen auch als Sänger auftritt: «Herr Noah hat sich verpflichtet, nicht mehr in Frankreich zu singen, wenn der Front National Wahlsieger wird. Ein Schwein, wer seine Ankündigungen widerruft», sagte er.
«Herr Bruel auch», warf daraufhin die Gesprächspartnerin ein. «Ja, das erstaunt mich nicht», sagte Le Pen und fügte unter zufriedenem Lachen an: «Wissen Sie, da machen wir das nächste Mal eine Ofenladung».
SOS Racisme erklärte, die Äusserung sei «ekelhaft »und kein «Ausrutscher», sondern zeuge von einem «vollkommen haarsträubenden antisemitischen Programm». Die Antirassismusbewegung MRAP bezeichnete Le Pen als «echten Antisemiten» und kündigte gleichfalls eine Klage an.
Kritik kam auch von der Ministerin für Frauenrechte, Najat Vallaud-Belkacem: Sie forderte den Front National auf, Le Pen auszuschliessen.
Le Pen wies seinerseits die Vorwürfe zurück, er habe sich antisemitisch geäussert. «Das Wort 'Ofenladung', das ich benutzt habe, hat natürlich keine antisemitische Bedeutung, ausser für politische Feinde oder Dummköpfe», erklärte er. Das gelte auch für FN-Anhänger, die seine Aussage als antisemitisch verstünden. (sda)