Gut zwei Wochen nach der Regierungsumbildung in Frankreich wird sich Premierminister Manuel Valls heute Nachmittag vor der Nationalversammlung zu seinem politischen Kurs äussern und dabei die Vertrauensfrage stellen. Dies kündigte der Premierminister unmittelbar nach der Neubildung seines Kabinetts am 25. August an.
Am Donnerstag wird zudem Präsident François Hollande seine halbjährliche Pressekonferenz im Élysée-Palast abhalten. Die Umfragewerte des Präsidenten liegen seit Wochen im Keller. Laut jüngsten Befragungen der konservativen Zeitung «Le Figaro» vertrauen gerade mal 13 Prozent der Franzosen dem Präsidenten.
Politische Beobachter erwarten, dass eine Mehrheit im Parlament der Regierung das Vertrauen aussprechen wird. Valls selber hatte sich vor zwei Wochen zuversichtlich geäussert, dass er die Mehrheit erhalten wird: «Die Mehrheit wird stehen, es kann nicht anders sein.» Ein negativer Ausgang in der Vertrauensabstimmung würde Neuwahlen bedeuten. Laut Verfassung könnte Hollande aber per Dekret bis zum Ende seiner Amtszeit weiterregieren.
Die Regierungsumbildung wurde notwendig, nachdem es zwischen Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg und seiner Partei zum Bruch kam. Der dem linken Flügel nahestehende Montebourg kritisierte wiederholt den Kurs seiner eigenen Regierung als zu wirtschaftsfreundlich.
Auch wenn ein Misstrauensvotum höchst unwahrscheinlich ist: die Konsultation im Parlament wird zumindest die Spaltung innerhalb der sozialistischen Partei offenlegen. Der wirtschaftsliberale und der linke Flügel liegen sich seit langem in den Haaren, eine Trennung zwischen Sozialisten und Sozialdemokraten wie in anderen europäischen Staaten fand in Frankreich nie statt.
Valls warnte kürzlich, der rechtspopulistische Front National stehe «vor den Toren der Macht», deshalb gelte es ungeachtet der parteiinternen Differenzen Geschlossenheit zu zeigen.
Die Parti Socialiste verfügt in der 557 Sitze zählenden Assemblé Nationale über eine Mehrheit von einem Sitz, kann aber wohl auf Unterstützung der Grünen Partei zählen. Das Lager der Abweichler im sozialistischen Lager zählt zwischen elf und 41 Stimmen. (wst)