Heute müssen die Hagenbucher eine bittere Pille schlucken: Sie werden an der Gemeindeversammlung nicht umhin kommen, einer Erhöhung ihres Steuerfusses auf 86 Prozent zuzustimmen. Allzu laut dürfen die 1108 Einwohner der Zürcher Gemeinde aber doch nicht seufzen. Schliesslich sind die Steuern seit 2009 ständig gesunken.
Hagenbuch erlangte in den letzten Monaten zweifelhafte Berühmtheit durch eine beispiellose «Sozial-Irrsinn»-Kampagne mit ihrer Gemeindepräsidentin Therese Schläpfer in der Hauptrolle: In verschiedenen Medien beklagte die SVP-Frau lautstark die Überbelastung der Gemeindekasse durch eine Flüchtlingsfamilie aus Eritrea. Nicht nur der «Problemfamilie», sondern auch den teuren Massnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) wurde die Schuld dafür in die Schuhe geschoben. Vier der sieben Kinder der Familie müssen fremdbetreut werden.
Grosszügig unterschlagen wurde im Verlauf der Kampagne allerdings, dass für eines der Kinder der Kanton die Heimkosten komplett übernimmt und dass die Gemeinde für die drei anderen Kinder, die die Schulpflege Hagenbuch selber ins Schulheim geschickt hat, nur die Heimkosten berappen muss, der Kanton aber die restlichen Kosten für Miete, Sozialhilfe und sozialpädagogische Betreuung beisteuert. Therese Schläpfer musste die ursprüngliche Zahl von 60'000 Franken monatlicher Ausgaben auf die Hälfte runter korrigieren.
Nichtsdestotrotz lässt sich Gemeindepräsidentin Schläpfer am Mittwoch im Blick zitieren: «Ich hoffe, die KESB lehrt die Familie Anstand und die Eltern erfüllen ihre Pflichten. Nur so bekommen wir die Kosten in den Griff.»
Immerhin erwähnt derselbe Artikel, dass einer von sechs Prozentpunkten der Steuererhöhung die Oberstufe Elgg betrifft, wo höhere Ausgaben anfielen. Von den anderen Gründen, die die Gemeindekasse in Schieflage geraten liessen, wird kein Wort verloren:
Wie Therese Schläpfer in einem Interview gegenüber watson bestätigte, muss Hagenbuch seine Wasserinfrastruktur erneuern.
Hagenbuch wird bei der Verteilung der Gelder aus dem Finanzausgleich zwischen den Gemeinden weniger berücksichtigt als die Jahre zuvor: Während 2014 noch 1'881'600 Franken Beiträge ohne Zweckbindung in die Gemeindekassen flossen, werden es 2015 nur noch 1'795'678 Franken sein, 85'922 Franken weniger.
Weniger Einnahmen hatte die Gemeindekasse auch wegen Steuersenkungen zu verzeichnen: Seit 2009 konnte der Steuerfuss dank den Einnahmen aus dem neuen kantonalen Ressourcenausgleich um 10 Prozentpunkte auf 81 Prozent gesenkt werden. 2011 lag der Steuerfuss bei 89 Prozent, bis 2012 schliesslich ein Rekordtief von 79 Prozent erreicht wurde. Heute liegt der Ansatz wieder bei 81 Prozent.*
* Korrektur: In der ersten Fassung dieses Artikels hiess es, nur neun Zürcher Gemeinden hätten einen tieferen Steuersatz als Hagenbuch. Das ist falsch, da im Fall von Hagenbuch nur der Steuersatz der politischen Gemeinde unter Auslassung der Schulgemeinde verglichen wurde. Wir entschuldigen uns für den Fehler.
Die Quelle findet sich in der Einladung zum Budget 2015, über das heute Abend abgestimmt wird (Seite 6) http://www.hagenbuch.zh.ch/documents/Einladung_zur_Gemeindeversammlung.pdf