Mit der Übernahme des Präsidentenamts in Ägypten hat der frühere Armeechef Abdel Fattah as-Sisi seine Machtposition zementiert. Am Tag nach der feierlichen Vereidigung as-Sisis vor dem Verfassungsgericht trat am Montag die Übergangsregierung zurück.
Sie wurde aber gleich wieder mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt, wie das Staatsfernsehen unter Berufung auf die offizielle Nachrichtenagentur MENA berichtete. Ranghohe Regierungsmitglieder wie Finanzminister Hani Kadri Dimian dürften als Zeichen für politische Kontinuität wohl ihre Ämter behalten.
Gemäss der neuen Verfassung und den vom Militär vorgegebenen Regeln für die Übergangszeit müssen spätestens am 17. Juli die Vorbereitungen für die nächste Parlamentswahl beginnen. Diese soll bereits im Herbst stattfinden.
Die Vereidigung Sisis am Sonntag fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Panzer und Truppentransporter waren an strategisch wichtigen Stellen der Hauptstadt aufgefahren. Für den öffentlichen Sektor wurde der Tag – in Ägypten ist der Sonntag ein regulärer Arbeitstag – zum Feiertag erklärt.
Angesichts des vom Militär erzwungenen Machtwechsels in Kairo hatten westliche Staaten nur niederrangige Vertreter zu den Feierlichkeiten am Sonntag entsandt. Mehrere arabische und afrikanische Staats- und Regierungschefs waren der Einladung hingegen gefolgt.
Mit seinem offiziellen Amtsantritt löst as-Sisi den von ihm selbst eingesetzten Adli Mansur ab. Dieser kehrt nun wieder auf seinen früheren Posten als oberster Verfassungsrichter zurück.
Während der Feiern zur Amtseinführung von Ägyptens neuem Präsident Abdel Fatah as-Sisi ist es in Kairo zu mehreren sexuellen Nötigungen und Übergriffen auf Frauen gekommen. Sieben Männer wurden nach Angaben des Innenministeriums vom Montag festgenommen.
Sie sollen am Sonntag mehrere Frauen angegriffen haben. Ein im Internet kursierendes Video zeigte, wie eine Menschenmenge eine Frau auf dem Tahrir-Platz angreift und ihr die Kleider vom Leib reisst. Die Sicherheitskräfte räumten den Platz.
Nach Angaben von Aktivistinnen kam es am Sonntagabend zu mindestens fünf solchen Angriffen. Erst vor wenigen Tagen hatte die Regierung strengere Strafen für sexuelle Übergriffe beschlossen. Tätern drohen nun zwischen sechs Monate und fünf Jahre Gefängnis. Berichte über sexuelle Belästigung sind in Ägypten in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
In seiner ersten Rede an die Nation nach der Vereidigung zum Staatsoberhaupt erklärte as-Sisi die Bekämpfung des «Terrorismus» und die Wiederherstellung der Sicherheit zu seinen vorrangigen Zielen. Grundsätzlich wolle er zwar eine «neue Ära der Versöhnung und der Toleranz» einläuten – das gelte aber nicht für jene, «die das Blut Unschuldiger vergossen haben».
Ägypten müsse das Chaos hinter sich lassen. «Die Zeit ist gekommen, um eine stabilere Zukunft zu schaffen. Lasst uns daran arbeiten, die Werte von Recht und Frieden zu etablieren.» Menschenrechte und Demokratie erwähnte er dagegen nicht.
Schon im Vorfeld der Wahlen hatte der 59-Jährige ausdrücklich betont, dass ihm «nationale Sicherheit» wichtiger sei als demokratische Freiheiten. Kritiker befürchten, dass dies vor allem eine Repression politischer Aktivisten bedeutet.
So wurden die Muslimbruderschaft und die liberale Jugendbewegung 6. April, eine der führenden Gruppen der «Revolution» von 2011, verboten. Seit dem Sturz Mursis wurden ausserdem mehr als 16'000 Personen – darunter zahlreiche Muslimbrüder – verhaftet und bis zu 3000 Personen – vorwiegend Zivilisten – getötet.
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter will das Innenministerium stark überwachen, kritische Medien wurden geschlossen. Zuletzt wurden in mehreren international kritisierten Verfahren mehr als tausend Anhänger und Mitglieder der Muslimbrüder wegen Anstiftung zur Gewalt zum Tode verurteilt.
As-Sisi war aus den Präsidentenwahlen im Mai mit knapp 97 Prozent der Stimmen als deutlicher Sieger hervorgegangen. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben aber nur bei 47,45 Prozent. Die Wahllokale waren sogar eigens einen Tag länger offen geblieben, um eine höhere Beteiligungsquote zu erreichen.
As-Sisi war vor rund einem Jahr für den Sturz des Islamisten Mohammed Mursi verantwortlich, der 2012 die ersten freien Wahlen am Nil gewonnen hatte. Der bis vor wenigen Monaten kaum bekannte Ex-Armeechef geniesst die Unterstützung von Ägyptern, die der Unruhen und wirtschaftlichen Problemen der vergangenen Jahre überdrüssig sind.
Er hat zwar vage Reformen angekündigt, um die marode Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, und will gegen die Massenarbeitslosigkeit und das hohe Staatsdefizit vorgehen. Unklar ist, ob er genug Rückhalt im Volk hat, um harte Massnahmen wie die Abschaffung der milliardenschweren Energie-Subventionen durchzusetzen. (jas/sda)