Die Thurgauer Mafia-Connection um ihren Boss Antonio N.* soll schon seit 40 Jahren von Frauenfeld aus operieren. Nun ist der ’Ndrangheta-Ring aufgeflogen: Antonio N. wurde mit 15 anderen Männern in Süditalien festgenommen. Noch ist unklar, ob ein von der Schweizer Bundeskriminalpolizei gedrehtes Überwachungsvideo aus einem Frauenfelder Restaurant zum Coup der Italiener geführt hat. Die Bundesanwaltschaft hält an ihrer Darstellung fest, wonach unter den 16 verhafteten Männern zwei Schweizer Staatsangehörige seien und in der Schweiz keine Verhaftungen stattgefunden haben.
Bald nannten italienische Medien nicht nur den Namen von Antonio N., sondern auch den eines zweiten Mafiosos mit Wohnsitz in Frauenfeld, Raffaele A.*. Dieser hat bis zu seiner Pensionierung Gäste in seinem Taxi herumchauffiert. Er ist gemäss dem Taxiunternehmer, der das Geschäft von Raffaele A. übernommen hat, auch Götti einer Tochter des Clanchefs Antonio N.
Der heutige Besitzer des Taxigeschäfts glaubt an die Unschuld seines Vorgängers und hofft, dass dieser wieder auf freien Fuss gesetzt worden ist. Das Telefon bei A. bleibt unbeantwortet. Auch Verwandte von N. geben keine Auskunft.
Raffaele A. legte sich nach aussen hin das Image eines Saubermanns zu: Nach seiner Pensionierung bedankte er sich in der Lokalzeitung nicht nur bei seiner Kundschaft. Wie Recherchen der «Nordwestschweiz» zeigen, engagierte er sich sogar bei der Integration seiner Landsleute aus Kalabrien.
Auf einer vom Migrationsamt des Kantons Thurgau geführten Liste über Migrantenorganisationen erscheint Raffaele A. als Ansprechperson der «Associazione Calabresi», die ihren Sitz an seiner Wohnadresse in Frauenfeld hat.
Gemäss Camillus Guhl, der dem Thurgauer Migrationsamt vorsteht, dient die Liste etwa Neuzuzügern aus dem Ausland, um mit entsprechenden Ausländerorganisationen in Kontakt zu treten. Das Führen einer solchen Liste gehöre zum Informationsauftrag der Fachstelle Integration, so Guhl.
Er schreibt: «Bis auf Name, Adresse und Ansprechperson zum Verein sind der Fachstelle Integration keine weiteren Details bekannt.» Es bestehe auch keine finanzielle Unterstützung solcher Organisationen.
Für den Integrationshelfer A. wie für seinen Boss N. gilt die Unschuldsvermutung. Solange sich die Ansprechperson der Frauenfelder «Associazione Calabresi» nicht ändere, will Guhl Raffaele A. auch nicht von der Liste streichen, die sich an Migranten richtet.
*Namen der Redaktion bekannt.