Eine Woche nach dem mysteriösen Verschwinden von dutzenden Studenten im Süden Mexikos haben tausende Angehörige und Kommilitonen für ein Einschreiten der Behörden demonstriert. Der Demonstrationszug in Chilpancingo im Staat Guerrero blockierte am Donnerstag eine Strasse nach Acapulco.
«Sie sind lebendig verschwunden, wir wollen sie zurück», stand auf Bannern der Demonstranten. Angeführt wurde der Demonstrationszug von den Eltern der 43 Vermissten.
Die Lehramtsstudenten waren am vergangenen Freitag zum Spendensammeln in Iguala 100 Kilometer nördlich von Chilpancingo unterwegs. Nach ihrer Aktion kaperten sie mehrere öffentliche Busse, um zu ihrer Hochschule zurückzufahren.
Polizisten aus Iguala eröffneten daraufhin das Feuer. Drei Studenten wurden getötet. Laut Augenzeugen wurden dutzende weitere Studenten in Polizeifahrzeugen fortgebracht. Einige von ihnen, die sich offenbar versteckt hatten, tauchten wieder auf. Von 43 weiteren fehlt jede Spur.
22 Polizisten wurden nach dem Vorfall und einer weiteren Schiesserei in Iguala festgenommen. Darin war offenbar auch eine kriminelle Bande verwickelt. Angehörige fürchten deswegen, die Studenten könnten in der Gewalt der Kriminellen sein.
Zwar schickte der Staat Soldaten und Bundespolizisten, um sich an der Suche zu beteiligen. «Aber die Suche war eine Schau», sagte Mariano Flores Vázques, einer der Demonstranten. Auch Menschenrechtsorganisationen werfen den Behörden vor, keine ernsthaften Ermittlungen gestartet zu haben.
«Wir haben genug von Gewalt und Korruption in diesem Staat», sagte Manuel Martínez, dessen 18-jähriger Neffe zu den Vermissten zählt. Seit 2006 sind in Mexiko 80'000 Menschen bei Gewaltverbrechen getötet worden; 22'000 Menschen sind verschwunden.
Der Demonstrationszug in Chilpancingo erinnerte gleichzeitig an das sogenannte Tlatelolco-Massaker an Studenten am 2. Oktober 1968. Polizisten und Mitglieder von Spezialeinheiten eröffneten damals das Feuer auf einen Protestumzug in Mexiko City. Über die Zahl der getöteten Studenten herrscht nach wie vor Unklarheit, Schätzungen gehen von 30 bis 300 getöteten Zivilisten aus. (wst/sda/afp)