Die Studentenführer in Hongkong haben das Gesprächsangebot von Verwaltungschef Leung Chun-ying angenommen. Es werde ein öffentliches Treffen mit der stellvertretenden Regierungschefin Carrie Lam organisiert, teilte die Studentenvereinigung am frühen Freitagmorgen (Ortszeit) mit.
Leung hatte wenige Stunden zuvor einen Rücktritt abgelehnt. Damit wies er eine Kernforderung der Demokratiebewegung zurück und liess deren Ultimatum verstreichen. Gleichzeitig bot er den Demonstranten Gespräche an. Verwaltungschefin Carrie Lam selbst sagte, «so schnell wie möglich» mit den Studenten reden zu wollen.
In ihrer Erklärung hielten Studenten dennoch an ihrer Rücktrittforderung fest. Ein Amtsverzicht sei nur «eine Frage der Zeit», hiess es in der Erklärung der Studentenvereinigung. Leung habe «seine Integrität verloren und das Vertrauen der Menschen verspielt».
Er habe nicht nur politische Reformen verweigert, «sondern auch die gewaltsame Niederschlagung friedlicher Proteste unter dem Einsatz von Tränengas angeordnet». Die Studentenführer riefen die Demonstranten auf, ihre Proteste fortzusetzen, bis die Einführung freier Wahlen in Hongkong erreicht werde.
Die Studentenvereinigung hatte zuvor mit einer Besetzung wichtiger Regierungsgebäude in Chinas Sonderverwaltungsregion gedroht, «um die Verwaltung lahmzulegen», falls der Regierungschef nicht freiwillig den Hut nimmt. Dieser ging auf das Ultimatum nicht ein und droht dann den Studenten bei der Besetzung von Regierungsgebäuden mit «ernsten Konsequenzen».
Mehr als 1000 Demonstranten hatten sich nach Ablauf des Ultimatums um Mitternacht Ortszeit direkt vor dem Regierungssitz versammelt. Hunderte Polizisten schützten das Gebäude. «Wir haben gesehen, wie die Polizei Tränengas und besondere Schutzausrüstung herangeschafft hat», sagte der 17-jährige Vorsitzende der Oberschülervereinigung, Joshua Wong. «Wir wissen nicht, wann sie wieder Gewalt gegen uns einsetzen werden.»
In der Nacht zum Freitag blieben die Proteste allerdings friedlich. Auch nach der Weigerung von Regierungschef Leung Chun-ying seinen Hut zu nehmen, gingen die Studenten einer Konfrontation mit der Polizei aus dem Wege.
Derweil gab es unter den Demonstranten heftige Diskussionen, ob eine wichtige Hauptverkehrsader auf der Insel Hongkong blockiert werden soll. Studentenführer Lester Shum argumentierte, es dürften den Hongkongern nicht noch mehr Behinderungen zugemutet werden. Einige sind bereits verärgert über die Proteste, die auch das Geschäft mit Touristen besonders aus China beeinträchtigen.
Es ist die grösste politische Krise in Hongkong seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China. Die Proteste hatten sich an Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber trotzdem eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.
Chinas Führung stellte sich voll hinter den kritisierten Hongkonger Regierungschef. Die Zentralregierung sei «höchst zufrieden» mit seiner Arbeit, hiess es in einem Kommentar des kommunistischen Parteiorgans «Volkszeitung» (Renmin Ribao).
«In grundsätzlichen Fragen gibt es keinen Raum für Kompromisse», schrieb das kommunistische Parteiorgan. Wenn die Wahlvorschläge nicht angenommen würden, bleibe es beim alten Verfahren. Danach hatte bisher ein loyal zu Peking stehendes Wahlkomitee den Regierungschef bestimmt.
Auch unterstütze Peking seinen Umgang mit den «illegalen politischen Aktivitäten». Es gehe um die langfristige Stabilität Hongkongs, seinen Wohlstand, Interessen der Investoren und die Wahrung der nationalen Sicherheit Chinas. (jas/wst/sda/afp/reu/dpa)