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Putsch im Niger: General ernennt sich zu De-facto-Präsident

Putsch im Niger: General ernennt sich zu De-facto-Präsident

Am Mittwoch wurde die demokratische Regierung im Niger gestürzt. Zunächst war unklar, wer jetzt das westafrikanische Land anführt. Nun hat sich General Omar Tchiani im nationalen Fernseher an die Bevölkerung gewendet.
28.07.2023, 06:4628.07.2023, 13:52
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General Tchiani ernennt sich zum Machthaber

Der Chef der Präsidentengarde im Niger, General Omar Tchiani, hat sich selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt.

Tchiani äusserte sich am Freitag im nationalen Fernsehen - zwei Tage, nachdem Offiziere der Präsidentengarde, einer Eliteeinheit des Militärs, den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.

Tchiani ist General des Heeres und wurde von Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou nach dessen Amtsübernahme 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert.

Offiziere der Präsidentengarde hatten den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum am Mittwoch in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt. Die Streitkräfte Nigers stellten sich am Donnerstag auf die Seite der rebellierenden Militärs. Die Putschisten warnten ausländische Staaten davor, militärisch einzugreifen.

Putschisten erhalten Unterstützung von Opposition

Auch Oppositionsparteien stellten sich nigrischen Medien zufolge hinter die Putschisten. Unklar blieb zunächst, welche und wie viele Parteien dahinterstanden. Die Verfasser riefen für Freitag zu Demonstrationen auf. Am Donnerstag hatten Unterstützer des Putsches bei Protesten unter anderem den Sitz der Präsidentenpartei in Niamey angegriffen. Das Innenministerium untersagte daraufhin alle Demonstrationen mit sofortiger Wirkung.

With the headquarters of the ruling party burning in the back, supporters of mutinous soldiers demonstrate in Niamey, Niger, Thursday, July 27 2023. Governing bodies in Africa condemned what they char ...
Unterstützer der Putschisten jubeln vor dem brennenden Sitz der Präsidentenpartei in Niamey.Bild: keystone

Rückschlag für die Sahelzone

Mit dem Militärputsch haben die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone einen schweren Rückschlag erlitten. Scharfe Kritik am Vorgehen der Putschisten war aus Washington, von der UN, der EU, Frankreich, der Afrikanischen Union, der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas sowie von der deutschen Regierung gekommen, die noch etwa 100 Soldaten in dem westafrikanischen Land stationiert und mehrfach Angebote zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Militär gemacht hat.

Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sicherte ihrem nigrischen Amtskollegen Hassoumi Massoudou am Donnerstag telefonisch die «volle Unterstützung» Deutschlands für die demokratische Entwicklung in dem westafrikanischen Land zu. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte auf Twitter, er habe am Donnerstagabend noch einmal mit dem festgesetzten Bazoum gesprochen. Die EU rief die Putschisten erneut zur sofortigen Freilassung des Präsidenten auf.

Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Der Niger ist in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt der westlichen Bemühungen gerückt, dem gewaltsamen Vormarsch der Dschihadisten in Westafrika und auch einem wachsenden militärischen Einfluss Russlands entgegenzuwirken.

Putsch zerstört Hoffnungen

Niger sei aufgrund seiner relativen Sicherheit und politischen Stabilität ein Ort der Hoffnung in der von islamistischem Terror geprägten Sahelzone gewesen, sagte Ibrahim Yahaya Ibrahim, ein politischer Analyst des afrikanischen Think Tanks Crisis Group. Der Putsch habe diese Hoffnung nun zerstört und werde die künftige Zusammenarbeit zwischen Ländern der Sahelzone und dem Westen erschweren, so Ibrahim.

Wegen des Putsches sperrten die nigrischen Behörden den Luftraum sowie die Landesgrenzen. Die Vereinten Nationen haben aufgrund dessen ihre humanitären Hilfsprogramme im Niger aussetzen müssen.

Der Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut. (saw/sda/dpa)

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