Ja, ich weiss, Faschismus-Vergleiche sind verpönt, doch die Aussagen, die Donald Trump am vergangenen Veterans Day gemacht hat, tönen halt nun mal wie aus dem Mund von Adolf Hitler und Benito Mussolini. «Wir schwören, dass wir die Kommunisten, die Marxisten, die Faschisten und die linken Schurken ausrotten werden. Diese leben wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes, und sie lügen und stehlen unsere Wahlen», rief der Ex-Präsident seinen johlenden Anhängern zu.
Als namhafte Historiker das Trump-Team auf die Parallelen zur faschistischen Rhetorik aufmerksam machten, legte Trump-Sprecher Steven Cheung gar noch einen drauf. «Wenn wir ins Weisse Haus zurückkehren, werden wir diese Typen zermalmen», erklärte er. Auch Trump selbst hat schon mehrfach angedroht: «Wer mich verfolgt, den werde ich ebenfalls verfolgen.»
Trump ist als notorischer Lügner und Prahlhans bekannt. Sind diese Aussagen somit nichts als Schall und Rauch? Seine erste Amtszeit hat er ebenfalls mit einer Brandrede über den angeblichen Zerfall der Vereinigten Staaten eingeleitet. In der Folge hat er jedoch nur wenig davon umsetzen können.
Es wäre ein Irrtum, auf diese Karte zu setzen. «Die Dinge haben sich verändert», stellt William Galston im «Wall Street Journal» fest. «In seiner Rede an der Conservative Political Action Conference im März hat Trump erklärt, dass er während seiner ersten Amtszeit eine Menge darüber gelernt habe, wer stark und wer schwach sei, und wem man trauen kann und wem nicht.»
Trump hat nicht nur viel gelernt, er hat auch potente Denkfabriken wie die Heritage Foundation im Rücken, die für ihn einen detaillierten Plan ausgearbeitet haben, und er hat willige Mitarbeiter, welche diesen auch umsetzen werden. Hier sind die einzelnen Punkte:
Schon am Ende seiner Amtszeit hat Trump eine sogenannte «executive order» mit dem Titel «Schedule F» erlassen. Diese präsidiale Verordnung macht es möglich, alle Beamten, die sich nicht bedingungslos hinter Trump stellen, zu entlassen. Normalerweise wechselt ein Präsident, wenn er sein Amt antritt, rund 2000 Beamte aus. Trump will bei einer Wiederwahl rund 50’000 Beamte feuern. John McEntee, ein junger Scharfmacher, soll mit dieser Aufgabe betreut werden. Dem Vernehmen nach will er sie mithilfe von Künstlicher Intelligenz lösen.
Trump hat sich verpflichtet, dass er die illegale Einwanderung aus dem Süden sofort stoppen werde. Deshalb will er tausende Soldaten an der Grenze zu Mexiko aufmarschieren lassen. Auch die Agenten der Drug Enforcement Administration und des FBI will er aufstocken und selbstverständlich seine geliebte Mauer weiter ausbauen. Zudem will er illegale Immigranten verhaften und in grossen Lagern unterbringen lassen.
Mehr noch: Der Ex-Präsident will die grösste Ausschaffungs-Aktion in der Geschichte der Vereinigten Staaten durchführen lassen. Angesichts der Ereignisse im Nahen Osten will er seinen «muslim ban», das Gesetz, das die Einwanderung von Muslimen in die USA untersagt, wieder einführen. Schliesslich will Trump auch das Anrecht auf automatische Staatsbürgerschaft, das alle in Amerika geborenen Babys automatisch erhalten, aufheben.
Der Ex-Präsident hat bereits einen allgemeinen Strafzoll in der Höhe von zehn Prozent des Wertes auf alle Importe in Aussicht gestellt. Zudem will er vom Kongress einen «Trump Reciprocal Trade Act» verabschieden lassen. Dieses Gesetz soll es ihm erlauben, reziproke Strafzölle für alle Länder zu erlassen, welche dies mit amerikanischen Exporten tun.
Speziell richten sich diese Zölle gegen Importe aus China. Gegen den neuen Erzfeind der USA will Trump gar noch einen Schritt weitergehen und die Einfuhr von essenziellen Gütern wie Elektronik und Pharma völlig verbieten. Ebenso sollen Chinesen keine amerikanischen Unternehmen oder Land mehr erwerben dürfen und gezwungen werden, die bereits getätigten Käufe wieder rückgängig zu machen.
Bekanntlich prahlt Trump mit der Aussage, er werde den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden zu Ende bringen. Gleichzeitig verspricht er auch, «den endlosen Strom von Hilfsgeldern an die Ukraine» versiegen zu lassen. Ob und wie er Putin dazu bringen will, sich wieder auf die Grenzen von 1991 zurückzuziehen, lässt er offen.
Im Nahost-Konflikt will er sich hinter Israel stellen und die Bemühungen, die Hamas vollständig auszurotten, unterstützen. Was die NATO betrifft, will er deren Ziele und Mission neu überprüfen lassen.
Der Ex-Präsident hat bereits erklärt, dass er ein Gesetz erlassen wolle, das die Gender-Frage klärt und nur noch zwei Geschlechter zulässt. Hormon-Therapien und Operationen für Transmenschen will er stark einschränken und den Kongress auffordern, solche Dinge für Minderjährige gänzlich zu untersagen.
Das Erziehungs-Ministerium, das als «Woke»-Bastion gilt, will er abschaffen und den Einfluss auf lokale Schulbehörden massiv erhöhen. Gleichzeitig schwört Trump, er werde sich für eine «patriotische Ausbildung» an den Schulen einsetzen. Trump will den Lehrern das Tragen von Waffen erlauben und Veteranen und pensionierte Polizisten zum Schutz der Schüler an die Schulen schicken.
Eine seiner ersten Handlungen in der ersten Amtszeit war die Kündigung des Pariser Umwelt-Abkommens. Das will er wiederholen. Anstatt auf nachhaltige Energie will er auf «Drill, Baby, Drill» setzen, will heissen, die Förderung von fossilen Brennstoffen unterstützen. Die Unterstützung der Elektroautos der Biden-Regierung will er hingegen sofort einstellen.
Trump will das wilde Zelten in Städten sofort verbieten und die Obdachlosen aufs Land hinausdrängen. Psychisch kranke Menschen sollen in geschlossenen Anstalten untergebracht werden. Um die ausufernde Gewalt in den Strassen von Chicago in den Griff zu bekommen, will er die Nationalgarde zu Hilfe rufen. Diebe und Plünderer sollen härter angefasst werden, Drogenhändler sollen gar hingerichtet werden.
So weit, so schlecht. Wie aber will Trump diese Massnahmen gegen das ausgeklügelte Rechtssystem der USA durchsetzen? Wie will er die viel gerühmten «checks and balances» aushebeln? Ganz einfach, indem er den Insurrection Act anruft. Dieses dubiose Gesetz aus dem Jahr 1878 erlaubt es dem Präsidenten, das Militär aufzubieten, wenn die Gefahr eines Aufstandes, einer Rebellion oder Gewalt in den Strassen besteht.
Da die Kriterien für diese Dinge mehr als unscharf sind, gibt der Insurrection Act dem Präsidenten fast unbeschränkte Macht in die Hand. Weil Trump auch das Justizdepartement zur Jagd auf seine politischen Gegner missbrauchen will, wird er so ein autoritäres System errichten, wie wir es etwa aus Russland und Ungarn kennen.
Selbst für konservative Kolumnisten wie Galston wäre daher eine Wiederwahl Trumps das Ende der amerikanischen Demokratie und des Rechtsstaates. Er schreibt: «Eine zweite Amtszeit von Trump wäre viel effektiver als seine erste. Diese Aussicht begeistert seine Anhänger und jagt all denen einen kalten Schauer über den Rücken, die ihn fürchten, wie ich es tue. Sollte er es tatsächlich schaffen, wieder in Weisse Haus einzuziehen, dann wäre dies die grösste Bedrohung unseres Rechtsstaates seit dem Bürgerkrieg.»