Den ganzen Herbst über konnten die Republikaner genüsslich zuschauen, wie sich die Demokraten gegenseitig zerfleischten. Die beiden Senatoren Joe Manchin und Kyrsten Sinema trieben Nancy Pelosi und Chuck Schumer an den Rand des Wahnsinns.
Derzeit deutet alles auf einen Rollenwechsel hin. Innerhalb der Republikaner ist ein Kleinkrieg ausgebrochen, den die «New York Times» wie folgt zusammenfasst: «Senator Mitch McConnell arbeitet in Washington wie wild daran, Alliierte zu gewinnen, die ihn im Kampf gegen Donald Trump unterstützen. Es läuft nicht nach Plan.»
Seit der Ex-Mehrheitsführer im Senat einmal mehr bekräftigt hat, bei den Ereignissen vom 6. Januar habe es sich um einen «Aufstand» gehandelt, ist Feuer im Dach. Der Ex-Präsident beschimpfte McConnell als «alte Krähe». Er vertrete nicht die Meinung der republikanischen Basis, sei ein RINO (Republican in name only) und solle schnellstmöglich aus dem Amt gejagt werden, tönt es aus Mar-a-Lago, der Residenz von Trump.
McConnell nimmt es gelassen. So versandte er kürzlich an seine Unterstützer eine Flasche der Marke «Old Crow».
Doch es geht um weit mehr als um einen Krieg der Worte. Beide Seiten kämpfen erbittert darum, welche Kandidaten die GOP bei den kommenden Zwischenwahlen im Kongress vertreten sollen. Aber auch auf der Ebene der Bundesstaaten finden diese Kämpfe statt.
Ein typisches Beispiel für diesen Kampf stellt Doug Ducey dar. Der Gouverneur von Arizona ist ein stockkonservativer Republikaner. Er hat jedoch den Zorn von Trump auf sich gezogen, weil er sich geweigert hat, Bidens knappen Sieg im November anzufechten.
McConnell setzt alle Hebel in Bewegung, Ducey dazu zu überreden, im kommenden Herbst als Senator anzutreten, denn er rechnet sich gute Chancen aus, so den amtierenden Demokraten Mark Kelly zu besiegen.
McConnell muss im November Senatssitze dazu gewinnen, will er wieder Mehrheitsführer werden. Deshalb bearbeitet er auch Larry Hogan, den Gouverneur von Maryland, einen gemässigten Republikaner und Trump-Gegner. Versucht hat er es auch bei Christopher Sununu, dem Gouverneur von New Hampshire, doch dieser hat bereits dankend abgewunken.
Ein typisches Beispiel für den Stellvertreterkrieg Trump vs McConnell auf bundesstaatlicher Ebene stellt Georgia dar. Dort will der Republikaner Brian Kemp als Gouverneur wiedergewählt werden. Weil er sich ebenfalls weigerte, auf Trumps Big Lie einzusteigen, unterstützt der Ex-Präsident in den Vorwahlen David Perdue, der die Wahl in den Senat verloren hat.
Was sich in Georgia abspielt, ist typisch für den aktuellen Zustand: Weil Trump von seiner verlorenen Wahl nicht ablassen kann, reiben sich zwei Kandidaten der GOP gegenseitig auf. Und weil der Ex-Präsident auf seinem Rachefeldzug immer häufiger nicht wählbare Kandidaten unterstützt, wächst die Sorge des republikanischen Partei-Establishments.
Im Kampf um einen Senatssitz setzte sich Trump in Pennsylvania für einen gewissen Sean Parnell ein. Dieser musste sich schliesslich zurückziehen, weil seine geschiedene Frau schwere Misshandlungsvorwürfe gegen ihn erhoben hatte. Er werde es nicht zulassen, dass solche «Vollidioten» sich in den Vorwahlen durchsetzen würden, soll McConnell in privaten Gesprächen geäussert haben.
In Alaska kämpft die amtierende Senatorin Lisa Murkowski gegen eine von Trump geförderte Herausforderin, die bisher jedoch wenig Erfolg hat. Murkowski hat gute Chancen, sich gegen Trumps Handlangerin Kelly Tshibaka durchzusetzen. Sie hat bereits über vier Millionen Dollar Spenden aufgetrieben, Tshibaka bloss rund 600’000 Dollar.
In Michigan unterstützt Trump einen gewissen Matthew DePerno, der sich um das Amt des Attorney General bewirbt. Er tut dies gegen den Willen der örtlichen Parteileitung. «Trump stellt sich einmal mehr gegen das Establishment», prahlt daher DePerno. «Es gibt immer noch solche, die ihn nicht mögen, die ihn nie gemocht haben.»
Zwar geniesst Trump nach wie vor die Sympathie der Basis, doch seine Umfragewerte bröckeln. 54 Prozent der Parteimitglieder sind ihm heute «sehr gewogen», vor dem 6. Januar waren es 74 Prozent. Bei den unabhängigen Wählern sinkt seine Beliebtheit noch stärker. Frank Luntz, ein bekannter Politstratege, erklärt daher in der «Washington Post»: «Trump mag immer noch Gott sein bei den Republikanern, aber die Unabhängigen haben die Schnauze voll von ihm. Sie wollen nicht, dass er nochmals antritt.»
Ob er dies tun wird, lässt Trump nach wie vor offen. Dafür hat er verschiedene Gründe. Der wichtigste dürfte wohl sein, dass er – solange er keine offizielle Kandidatur einreicht – mit den Spendengeldern machen kann, was er will. Und obwohl diese Gelder reichlich fliessen, hat die GOP wenig bis nichts davon. Von den rund 120 Millionen Dollar Spendengeldern, die Trump eingesackt hat, hat er gerade mal 1,5 Millionen Dollar an die Partei weitergeleitet.
Michael Cohen, Trumps ehemaliger Mann fürs Grobe, vertritt die These, wonach der Ex-Präsident gar nicht die Absicht hat, je wieder ins Weisse Haus zurückzukehren. Trump wolle ganz einfach abzocken, solange es geht, so Cohen. Wie die «New York Times» berichtet, geht dieser Plan bisher auf. Trump sammelt nicht nur Spenden ein, er hat aus seinem Ex-Präsidentendasein ein profitables Business gemacht.
So veranstaltet Trump private Partys, und wer sich dabei mit ihm fotografieren lassen will, muss bis zu 30’000 Dollar hinblättern. Er hat zusammen mit dem wegen sexueller Belästigung geschassten Fox-News-Moderator Bill O’Reilly eine Vortragstournee abgehalten, bei der VIP-Tickets 7500 Dollar gekostet haben.
Der Ex-Präsident verkauft billige MAGA-Mützen zu 50 Dollar und ein kitschiges Fotobuch für 75 Dollar. Er bietet im Trump-Tower Drinks an, die 45 Dollar kosten. Kurz, er vermarktet alles, Hauptsache, der Preis stimmt. Konflikte mit Parteiinteressen oder gar Gewissenskonflikte kennt er dabei nicht. Lawrence Noble, ehemals Chef der Federal Election Commission, erklärt dazu: «Bei Trump dreht sich alles nur ums Geld. Er fragt sich bei jedem Unternehmen: Wie kann ich daraus einen Profit schlagen?»
Trump füllt sich die Taschen und zofft sich mit den Oberen der GOP. Was haben die Demokraten davon? Wenig bis gar nichts. Die Demokraten versuchen zwar, die immer neuen und für die Republikaner peinlichen Details, welche der Ausschuss zur Klärung der Ereignisse vom 6. Januar zutage fördert, für ihre Zwecke auszuschlachten.
Der Erfolg hält sich in Grenzen. Was innerhalb des Beltways – so nennt man den Autobahnring rund um Washington – für helle Aufregung sorgt, lässt die Menschen ausserhalb dieses Rings mehrheitlich kalt. Wie seinerzeit beim Muller-Report zucken sie mit den Schultern und sagen: So what?
Wollen die Demokraten die Zwischenwahlen erfolgreich gestalten – und derzeit spricht wenig dafür –, dann müssen sie Antworten auf die Inflation, die wachsende Kriminalität und die Situation an der Grenze zu Mexiko finden. Es sei denn, es kommt alles ganz anders – etwa ein russischer Einmarsch in die Ukraine.
Idiot gegen Speichellecker und die Demokraten wissen wie immer nicht was sie tun sollen.