Mary Trump, eine Nichte von Donald Trump, hat ein Buch über ihre Familie verfasst. Ihr Onkel kommt dabei nicht gut weg. «Donald ist heute immer noch, wie er als Dreijähriger war», schreibt Mary Trump. «Er ist unfähig, aufzuwachsen, etwas zu lernen, sich zu entwickeln. Er kann seine Emotionen nicht beherrschen, seine Antworten nicht mässigen, und er kann keine Informationen verarbeiten.» Mary Trump ist nicht irgendwer. Sie kennt nicht nur ihre Familie, sie besitzt auch einen Doktortitel in Psychologie.
In diesen Tagen hat Donald Trump das wenig schmeichelhafte Bild seiner Nichte einmal mehr bestätigt. Er hat auf die dümmstmögliche Art auf die Kündigung seiner langjährigen Accountingfirma Mazars USA reagiert. Aber der Reihe nach:
Wie jedes Unternehmen lässt auch die Trump Organization ihre Bücher von einer Accountingfirma prüfen. Zwischen 2014 und 2020 war dafür Mazars zuständig. Doch zu Beginn dieser Woche hat eben diese Firma verkünden lassen, sie wolle ab sofort nichts mehr mit der Trump Organization zu tun haben. Und im Übrigen übernehme sie keine Verantwortung mehr für die Zahlen, welche in diesem Zeitraum veröffentlicht worden seien.
Dass Buchprüfer ihre Kunden fallenlassen, ist ein seltenes Ereignis, schon gar nicht, wenn es sich um einen so prominenten Kunden wie Trump handelt. Mazars muss also gute Gründe für diesen Schritt gehabt haben – und die gibt es auch.
Letitia James, Attorney General des Bundesstaates New York, führt seit Jahren eine umfangreiche Untersuchung über das Geschäftsgebaren der Trump Organization durch. Dabei hat sie festgestellt, dass diese regelmässig teils groteske Fehlbewertungen ihrer Liegenschaften in ihren Büchern führt und diese gegenüber Banken und Versicherungen ausweist.
Ein typisches Beispiel dafür ist die Wohnung im Trump Tower in New York. Trump hat deren Grösse mit 3000 Quadratmetern angegeben. Tatsächlich sind es bloss 1000 Quadratmeter. Auch den Wert hat Trump um rund 200 Millionen Dollar zu hoch angegeben.
Die Untersuchungen von James haben auch die Buchprüfer von Mazars dazu bewogen, nochmals über die Trump-Bücher zu gehen. Was sie dabei entdeckten, muss sie aufgeschreckt und zur sofortigen Trennung mit der Trump Organization geführt haben.
Wenn ein Buchprüfer einen Kunden fallen lässt, ist das für diesen ein ernsthaftes Problem, vor allem, wenn dies auch öffentlich bekannt wird. Für Banken und Zulieferer ist damit klar, dass man sich auf dieses Unternehmen nicht verlassen kann. Und wenn man, wie die Trump Organization, im Immobiliengeschäft tätig ist, ist man regelmässig auf Kredite angewiesen. Mazars hat daher dem Ex-Präsidenten einen schweren, ja vielleicht gar existenzbedrohenden Schlag versetzt.
Zudem haben die Buchprüfer damit auch klargemacht, dass sie – um ihre eigene Haut zu retten – vollumfänglich mit den Untersuchungsbehörden zusammenarbeiten werden.
Das ist an sich schon schlimm genug. Doch Trump wäre nicht Trump, hätte er alles nicht noch viel schlimmer gemacht. Und das kam so:
Generalstaatsanwältin James will Vater und Kinder Trump als Zeugen vorladen. Dagegen hat der Ex-Präsident sofort Klage erhoben. Die Trumps seien in diese Vorgänge weder involviert noch darüber informiert gewesen, argumentieren seine Anwälte vor dem Richter. Dafür seien hoch bezahlte Spezialisten zuständig. Auf die Kündigung von Mazars hat der Ex-Präsident jedoch nun wutentbrannt mit einer vierseitigen Erklärung reagiert. Von Twitter ist er ja bekanntlich verbannt.
Diese Erklärung ist weitgehend wirres Gebrabbel. Doch in den wenigen klaren Sätzen gibt Trump preis, er wisse bestens Bescheid über die Geschäfte seines Unternehmens und den Wert seiner Liegenschaften, ja er führt gar eine Mini-Bilanz an. Damit hat er eigenhändig die Verteidigungslinien seiner Anwälte vernichtet.
Während Trumps Anwälte sich daraufhin wahrscheinlich in einer Bar betranken, reagierte die Generalstaatsanwältin James sofort. In einem Brief forderte sie den zuständigen Richter auf, Trumps Klage abzuweisen und ihn und seine Kinder zu einer Zeugenaussage zu verpflichten.
Die Kündigung von Mazars ist nicht der einzige Rückschlag, den der Ex-Präsident in dieser Woche verkraften musste. Der amtierende Präsident Joe Biden hat angeordnet, dass das Archiv das Gästebuch des Weissen Hauses dem Ausschuss zur Untersuchung der Ereignisse vom 6. Januar aushändigen muss. Dieser Ausschuss ist damit in der Lage, sich ein immer klareres Bild vom versuchten Staatsstreich zu machen. Die Auswertung von rund 4000 Dokumenten, die der ehemalige Stabschef Mark Meadows ausgehändigt hat, liefern dazu ebenfalls wichtige Puzzleteile.
Schliesslich hat auch Rudy Giuliani angedeutet, er werde allenfalls vor dem Ausschuss aussagen. Ob Trumps Anwalt damit bloss seinen ehemaligen Kunden unter Druck setzen will, ist unklar. Gerüchteweise soll Giuliani Pleite sein und nach wie vor auf sein Honorar von Trump warten. Angeblich soll er 20’000 Dollar verrechnet haben – pro Tag, wohlgemerkt.
Sollte Giuliani tatsächlich auspacken – was wenig wahrscheinlich ist –, dann würden für Trump alle Dämme brechen. Ob es je so weit kommen wird, ist fraglich. Dazu nochmals Mary Trump: «Trumps Lügen werden vor seinem geistigen Auge in dem Moment wahr, in dem er sie ausspricht, aber es handelt sich immer noch um Lügen. Für ihn ist es schlicht die Art, wie er einmal mehr davonkommen kann. Und bisher ist er immer davongekommen.»
Wenn, dann soll Trump und seine Buchprüfer zusammen mit einem Roten Strampelanzug, ein neues Zimmer in einem Bundesgefängnis beziehen. Erst solche Buchprüfer machen diese Art von Betrügereien möglich.