Die Anschläge in Paris haben klar gezeigt, dass der Islamische Staat (IS) kein lokales Problem (mehr) ist, sondern uns in Europa ganz direkt betrifft. Kaum jemand ist bereit, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Wir müssen etwas tun. Die Frage ist, was. Hier eine Liste oft gehörter Ansätze – und warum sie kaum funktionieren dürften:
Das Bedürfnis, auf Gewalt mit Gewalt zu reagieren, ist menschlich. Daran sollte sich erinnern, wer nach Rache sinnt und gleichzeitig den USA bis heute vorwirft, nach 9/11 überreagiert zu haben.
Frankreich lässt seine Luftwaffe seit den Anschlägen von Paris wieder vermehrt Angriffe gegen den IS in Syrien fliegen. Das beruhigt kurzfristig die Volksseele, aber niemand soll ernsthaft erwarten, dass der IS damit entscheidend geschwächt wird. Dafür bomben die USA, ab und zu ein paar Golfmonarchien sowie zuletzt Russland schon zu lange.
Wenn es Luftangriffe nicht richten, dann müssen eben doch Bodentruppen her, auch wenn dadurch die Wahrscheinlichkeit eigener Verluste dramatisch ansteigt. Stellenweise scheint das Tabu zu bröckeln. Und man soll es nicht versäumen, neben kulturfremden NATO-Soldaten auch lokale Kräfte am Kampf zu beteiligen.
Mit anderen Worten: ein konventioneller Krieg mit einheimischen Verbündeten. Die ernüchternden Beispiele Irak und Afghanistan mahnen zur Vorsicht: Alle Luftwaffen, US-/NATO-Bodentruppen, einheimischen Armeen und Geheimdienste dieser Welt waren dort bislang nicht in der Lage, nachhaltig Frieden und Stabilität zu schaffen. Vielleicht gibt es triftige Gründe, warum dasselbe Rezept in Syrien doch funktioniert. Wer sie kennt, möge vortreten.
Europa müsse sich eingestehen, dass es ein «grosses Sicherheitsproblem» habe und «alle bisherigen Antworten darauf unzureichend» gewesen seien, schreibt NZZ-Chefredaktor und Geheimdienst-Fan Eric Gujer. Sein Ansatz: «Die enge Verzahnung von Polizei, Nachrichtendiensten und Armee bringt in der Epoche des globalen Dschihad die besten Resultate. Die Amerikaner haben so die Kaida zerschlagen.»
Wirklich? Die Führungsriege des IS ging bekanntlich aus al-Kaida im Irak (AQI) hervor. Wie es scheint, haben deren schlimmste Elemente die «Zerschlagung» durch die USA überlebt, sich einen neuen Namen zugelegt und lehren uns seither das Fürchten.
Machen wir uns nichts vor: Eine kriminelle Organisation von der Grösse und mit den Ressourcen des IS wird Wege finden, einzelne Leute – mehr braucht es für einen Terroranschlag nicht – nach Europa zu schleusen. Wenn er sich dabei für die Variante «als Flüchtling getarnter Terrorist» entscheidet, dann kaum aus Not, sondern mit Absicht: Das weitverbreitete Misstrauen gegenüber Flüchtlingen in Europa weiter zu schüren und Überreaktionen durch Bevölkerung und Behörden zu forcieren.
Dass Millionen Menschen dem «Kalifat» davonlaufen und anderswo ein besseres Leben aufbauen, passt nicht in die langfristigen Pläne des IS. Als sich die DDR mit dem gleichen Problem konfrontiert sah, baute sie die Mauer. Die Terroristen sind schlauer und perfider: Sie wollen, dass der Westen den Mauerbau für sie erledigt. Die Rechnung könnte aufgehen.
Gewiss kein «quick fix», aber ein vielversprechender Ansatz: Arbeit, Perspektiven und letztlich westlich-humanistische Werte in die Banlieues, die Ghettos, und die Parallelgesellschaften in den Städten Europas bringen und damit dem Terrorismus den Nährboden entziehen. Allerdings sind längst nicht alle Terroristen Verlierer, die es im Westen nicht geschafft haben und deshalb für die Heilversprechen des IS besonders empfänglich wären.
Wie der deutsche IS-Kenner Jürgen Todenhöfer gegenüber watson erklärte, ist der Lockruf des «Kalifats» derart mächtig, dass ihm auch vordergründig erfolgreiche Menschen erliegen. Dass Armut und Terrorbereitschaft nicht miteinander korrelieren, belegen zudem zahlreiche Studien.
Eine Lösung, dem Terror indirekt den Garaus zu machen: Die Ölförderungsanlagen unter Kontrolle des IS zerstören und ihm so den Geldhahn zudrehen. Oder noch nachhaltiger: Alternative Energiequellen erschliessen und gar kein Öl mehr importieren. Allerdings ist der IS-«Staatshaushalt» im Vergleich mit anderen Ländern in der Region wesentlich diversifizierter und keineswegs einseitig vom Ölhandel abhängig. Entführungen/Lösegeld, illegaler Antiquitätenhandel, Steuern und Spenden spülen Millionen in die Kriegskasse der Barbaren.
Im Übrigen: Sollte sich der Westen dereinst tatsächlich aus der Öl-Abhängigkeit befreien, dürften einige Golfstaaten, die schon heute unter dem tiefen Ölpreis ächzen, vollends kollabieren. Ob Saudiarabien als «failed state» der Terrorgefahr zu- oder abträglich ist, sei einmal dahingestellt.
Der Westen muss etwas tun. Was? Ich gestehe offen, ich weiss es nicht. Die oben aufgeführten, derzeit intensiv gehandelten Ansätze, taugen nicht. Vielleicht eine kompromisslose Kombination davon, was in ungefähr dem «Israel»-Ansatz entspräche: Abgesehen von kruden Messerattacken ist es dem jüdischen Staat weitgehend gelungen, Terroranschläge auf seinem Territorium zu unterbinden. Dafür bezahlt das Land einen hohen Preis: Grenzzäune, Armee und Polizei, wohin das Auge blickt. Gigantische Geheimdienst-Strukturen. Dauerhafte Besatzung. Unvorstellbar, dass ein westeuropäisches Land diesen Weg wählt.
Wen diese Analyse ratlos zurücklässt, befindet sich in guter Gesellschaft: US-Präsident Obama, nominell der weltweit mächtigste Mann, hat keinen Plan gegen den IS. Jürgen Todenhöfer, renommierter Terrorismus-Experte und intimer IS-Kenner, erstarrt in Ehrfurcht vor dem Phänomen. Wer einen einfachen Weg sieht, den IS zu zerstören, begeht den fatalen Fehler, ihn zu unterschätzen. Wenigstens das sollte uns nach Paris nicht mehr passieren.
Gleichzeitig müssen wir unsere Vorurteile ablegen. Und zwar alle. Bücher soll man nicht nach ihrem Einband beurteilen und gleiches gilt für Menschen. Einzig unsere Taten zählen.
Wenn wir uns gegenseitig respektieren und eine Chance geben, dann werden sich auch weniger ausgeschlossen fühlen und sich in Extreme flüchten.
Gott oder Allah oder wie auch immer man "es" nennen mag, sind bloss menschliche Erfindung und vor dem Auftauchen von uns Hominiden in der Erdgeschichte hat keine Seele auch nur einen Gedanken daran verschwendet.
Alle "heiligen" Bücher sind voller Lügen und müssen endlich kritisch hinterfragt anstatt als gottgegeben hingenommen werden. "Glauben" = "NICHT WISSEN" !