Die Nadelwälder im hohen Norden machen knapp ein Drittel der Waldgebiete auf der Erde aus. Sie speichern mindestens genau so viel Kohlenstoff wie tropische Regenwälder. Mit dem Klimawandel drohen sie jedoch vom Speicher zu einer enormen CO2-Quelle zu werden.
«Die borealen Wälder könnten in diesem Jahrhundert an einem Wendepunkt angelangen», erklärte Anatoly Shvidenko vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Wien in einer Mitteilung des Instituts. In einem Artikel im Fachjournal «Science» mahnen die Forscher deshalb zur nachhaltigen Nutzung dieser Ökosysteme.
Die borealen Wälder erstrecken sich über die nördlichsten Regionen von Kanada, Russland, Alaska und Skandinavien. Dort herrscht für mehr als das halbe Jahr Väterchen Frost. Sie spielen für das globale Klima eine grosse Rolle, weil sie riesige Mengen an CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen können.
Nach Schätzungen speichern die borealen Nadelwälder etwa ein Drittel des weltweit vorhandenen Kohlenstoffes – und zwar nicht nur in den Nadelbäumen, sondern etwa auch in den klimaempfindlichen Dauerfrostböden. Ausserdem beherbergen sie eine Fülle von Pflanzen-, Tier- und Pilzarten, und tragen etwa ein Drittel zu den weltweiten Holzexporten bei.
Diese Ökosysteme gehören weltweit zu jenen, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind, schreiben die Forscher aus Kanada, Finnland und Österreich. Bei einer globalen Erwärmung um vier Grad Celsius würde es dort sogar um bis zu elf Grad wärmer. Die Klimazonen verschöben sich laut Studien in diesen Regionen zehnmal schneller Richtung Norden als die Baum-Populationen wandern können.
Schon jetzt würden die wärmeren Temperaturen und stärkere Trockenheit vermutlich zum häufigeren Waldbränden und stärkerem Insektenbefall führen. Die zunehmende Industrialisierung und die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft verstärkten den Stress für diese Wälder, schreiben sie.
Die Böden drohten, massiv Nährstoffe zu verlieren, wodurch die Wälder zu Gras- und Buschland verkommen könnten. Taue der Dauerfrostboden auf, betrifft das nicht nur den globalen Wasserhaushalt, es würden auch riesige Mengen der Treibhausgase CO2 und Methan frei, warnen die Wissenschaftler.
Die Forscher plädieren in dem Artikel dafür, dass die internationale Politik dem borealen Wald mehr Aufmerksamkeit und Schutz widmet. Sie schlagen etwa lokale Aufforstungen vor, fordern gut verteilte Schutzgebiete, ein aufmerksames Beobachten von möglichen Veränderungen und dass die Waldbewirtschaftung mehr Augenmerk auf grössere Vielfalt bei den Bäumen legt. (tat/sda/apa)