Die Sonne brennt erbarmungslos: Im Süden Europas leiden die Menschen unter der seit Tagen andauernden Hitzewelle. Selbst nachts fallen die Temperaturen mancherorts nicht unter 30 Grad. Auf der griechischen Insel Lesbos kletterte das Thermometer auf 38 Grad Celsius, 36 Grad waren es in der türkischen Metropole Istanbul und immerhin 30 Grad auf Sizilien – und das bereits morgens um 10 Uhr.
Am Tag wird die Hitze noch unerträglicher: In Pozzallo im Süden von Sizilien wurden am Mittwoch 46,5 Grad gemessen, 44,8 Grad waren es gestern in Larissa zwischen Athen und Thessaloniki und auch in der Südtürkei lagen die Temperaturen deutlich über der 40-Grad-Marke. Doch es geht noch heisser: In den kommenden Tagen könnte das afrikanische Hochdruckgebiet «Kamel» auf Sizilien gemäss den neusten Vorhersagen sogar Spitzenwerte von bis zu 50 Grad bringen.
Damit das Thermometer aber tatsächlich auf 50 Grad steigt, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen: trockene, absinkende Luftmassen, die ihren Ursprung über Nordafrika haben, sehr geringe Luftfeuchtigkeit und eine gewisse Entfernung vom Meer.
50 Grad wäre die höchste jemals in Europa gemessene Temperatur. Den aktuellen Rekord auf dem europäischen Kontinent hält gemäss der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) derzeit Floridia. In der italienischen Kleinstadt, rund 12 Kilometer westlich von Syrakus auf Sizilien, wurden am 11. August 2021 48,8 Grad gemessen. Die Höchsttemperatur von 49,5 Grad in der Türkei wurde auf dem asiatischen Teil des Landes erreicht.
Das italienische Gesundheitsministerium hat für die Städte Palermo, Pescara und Campobasso bereits die höchste Hitzewarnstufe Rot ausgegeben. In mehr als einem Dutzend weiterer Städte gelten ebenfalls Hitzewarnungen. Das bedeutet, dass auf körperliche Anstrengungen im Freien möglichst verzichtet werden soll. Es wird geraten, zwischen 11 und 18 Uhr drinnenzubleiben, ausreichend zu trinken und Alkohol zu vermeiden. Besonders ältere Menschen, Kinder und chronisch Kranke sollen sich in Acht nehmen.
Grund für die aktuelle Hitzewelle ist ein für den südeuropäischen Sommer charakteristisches subtropisches Hochdruckgebiet, das über Nordafrika von der Sahara gekommen ist. Es begünstigt eine grossflächige Absinkbewegung der Luft, wodurch sich diese erwärmt und keine Wolkenbildung entsteht. Das Resultat ist ein sonniger Himmel bei gleichzeitig hohen bis extremen Tageswerten.
Abkühlung gibt es kaum, auch im Wasser nicht: Nach Angaben des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus hat die Oberflächentemperatur des Mittelmeers Ende Juni einen Durchschnittswert von 26 Grad erreicht. Das sind drei Grad über den Werten des Referenzzeitraums von 1991 bis 2020. Mittlerweile beträgt die Wassertemperatur vielerorts sogar bis zu 29 Grad.
«Mit so hohen Meerestemperaturen wird es an der Küste gar nie abkühlen können», sagte SRF-Meteorologe Felix Blumer gestern in der «Tagesschau». «Da geht der Sommer einfach ziemlich ungebremst weiter.» Neu ist das Phänomen nicht: Wissenschaftler warnen seit Jahren, dass sich das Mittelmeergebiet im Sommer immer stärker aufheizt.
Abkühlung ist in Italien, Griechenland und der Türkei derzeit nicht in Sicht. Der Süden Europas wird auch in den kommenden Tagen unter stabilem Hochdruckeinfluss stehen. Leicht tiefere Temperaturen sind erst für Mitte nächster Woche angekündigt. Doch selbst dann bleibt es zwischen 35 und 38 Grad heiss.