International

«Dramatischer Anstieg»: Staatliche Hinrichtungen erreichen höchsten Stand seit 25 Jahren

«Dramatischer Anstieg»: Staatliche Hinrichtungen erreichen höchsten Stand seit 25 Jahren

06.04.2016, 02:3906.04.2016, 07:27
Mehr «International»

Sie wurden geköpft, gehängt, erschossen oder bekamen die Giftspritze: Im Jahr 2015 wurden laut Amnesty International weltweit mehr Hinrichtungen vorgenommen als in jedem anderen der vergangenen 25 Jahre. Mit mindestens 1634 Hinrichtungen wurde ein neuer Höchststand erreicht, ein Anstieg um mehr als 50 Prozent gegenüber 2014.

Die wichtigsten Punkte aus dem 77-seitigen Amnesty-Bericht:

  • 2015 wurden mindestens 1634 Menschen von staatlicher Seite hingerichtet – 573 mehr als 2014
  • Es gab Hinrichtungen in 25 Ländern
  • Fast neun von zehn bestätigten Hinrichtungen gingen auf das Konto dreier Länder: Iran (mindestens 977), Pakistan (326) und Saudi-Arabien (mindestens 158)
  • Mindestens neun Minderjährige wurden hingerichtet, vier in Iran und mindestens fünf in Pakistan.
  • In den USA wurden 28 Menschen hingerichtet – Platz fünf im Ranking.
  • Mehrere Länder richteten geistig behinderte Personen hin oder verurteilten sie zum Tod – darunter die USA, Japan, Indonesien und Pakistan.
  • In 61 Staaten wurden Todesurteile verhängt.
  • Mindestens 1998 Menschen wurden 2015 zum Tod verurteilt – insgesamt sassen mindestens 20'292 Menschen Ende 2015 in der Todeszelle.
Szene einer Hinrichtung in der Nähe von Teheran: Im Iran wurden 2015 mindestens 977 Menschen hingerichtet.
Szene einer Hinrichtung in der Nähe von Teheran: Im Iran wurden 2015 mindestens 977 Menschen hingerichtet.
Bild: AP/Mehr News Agency

Die tatsächlichen Hinrichtungszahlen liegen Amnesty zufolge deutlich höher, da für China keine endgültigen Zahlen vorlägen. Im alljährlichen Todesstrafen-Bericht von Amnesty International ist von einem «dramatischen Anstieg» die Rede. Amnesty-Experte Oliver Hendrich sagte: «Diese Entwicklung ist besorgniserregend und verstörend.»

Fast 90 Prozent der von der Menschenrechtsorganisation registrierten Hinrichtungen entfallen auf den Iran, Pakistan und Saudi-Arabien. Laut dem aktuellen Jahresbericht liess der Iran 2015 mindestens 977 Menschen hinrichten (2014: mindestens 743), die meisten von ihnen wegen Drogenkriminalität. Im Iran werden auch Todesurteile gegen Minderjährige vollstreckt.

In Pakistan gab es mehr als 320 Hinrichtungen – die höchste Zahl, die Amnesty jemals für dieses Land dokumentierte. Saudi-Arabien richtete mindestens 158 Menschen hin (2014: mindestens 90). Bei den meisten Hinrichtungen in dem Land handelte es sich um Enthauptungen.

Am meisten Hinrichtungen in China

Das Land mit den meisten Hinrichtungen ist jedoch weiterhin China. Die genaue Zahl wird von der Volksrepublik als Staatsgeheimnis behandelt. Amnesty schätzt aber, dass die Zahl der Exekutionen weiterhin «in die Tausende» geht.

«Wir vermuten, dass China wieder mehr Hinrichtungen ausführen liess als der gesamte Rest der Welt zusammen», sagte Hendrich. Dies würde bedeuten, dass es im vergangenen Jahr weltweit mehr als 3200 Exekutionen gab. Andere Experten gehen von schätzungsweise 2400 Hinrichtungen im Reich der Mitte aus. Dies würde eine Mindestzahl von weltweit 4000 Hinrichtungen bedeuten.

Es gebe aber auch eine positive Entwicklung: Mit Fidschi, Madagaskar, der Republik Kongo und Suriname schafften 2015 vier weitere Staaten die Todesstrafe vollständig ab. Erstmals seien damit die Staaten, die die Todesstrafe noch verhängen, weltweit in der Minderheit. Für die USA registrierte Amnesty 28 Hinrichtungen, die niedrigste Zahl seit 1991.

Insgesamt wurde die Todesstrafe 2015 noch in 25 Staaten vollstreckt. In Europa vollstreckt als letztes Land nur noch Weissrussland die Todesstrafe. Im vergangenen Jahr gab es dort aber keine Hinrichtungen. 102 Staaten haben die Todesstrafe endgültig abgeschafft. (cma/sda/afp/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Schlichtung bringt Lufthansa nur in Teilen Tariffrieden

Lufthansa-Passagiere können durchatmen. Zumindest für Ostern und die Tage danach drohen bei der Kerngesellschaft des grössten Luftverkehrskonzerns Europas keine neuen Streiks.

Zur Story