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«Berg-Karabach hört auf zu existieren»

epa10885978 Ethnic Armenians from Nagorno-Karabakh stop for a rest during their way to Goris, Armenia, 27 September 2023. Azerbaijan on 19 September 2023 launched a brief military offensive on the con ...
Berg-Karabach-Armenier auf der Flucht.Bild: keystone

«Berg-Karabach hört auf zu existieren»

28.09.2023, 14:41
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Berg-Karabach hört ab dem 1. Januar 2024 auf zu existieren – zumindest «alle staatlichen Institutionen und Organisationen» des De-facto-Regimes der Republik Arzach auf dem geografischen Gebiet Berg-Karabach.

Das berichteten armenische Medien am Donnerstag unter Berufung auf ein von Regierungschef Samwel Schachramanjan unterzeichnetes Dokument. Berg-Karabach werde damit «aufhören zu existieren», schreiben sie. Die internationale Politik anerkannte die Republik Arzach nie, sondern zählte das Gebiet zu Aserbaidschan. Die Republik Arzach wurde vorwiegend von ethnischen Armeniern bewohnt.

Karte: Nagorno-Karabach, Bergkarabach, Armenien, Aserbaidschan, Konflikt
Von Furfur - Diese Datei wurde von diesen Werken abgeleitet:Transcaucasia locator map.svgArtsakh Occupation Map.jpg, CC BY-SA 4 ...
Bild: Wikimedia/Furfur

Die Entscheidung sei wegen der schweren politischen und militärischen Lage getroffen, heisst es im Dekret. Sie ziele darauf ab, die Sicherheit und das Leben der Bevölkerung in Berg-Karabach zu schützen. Tatsächlich war die Auflösung Teil der Kapitulationsbedingungen.

Lange und blutige Geschichte

Die Region ist seit Jahrzehnten zwischen den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien umstritten. In den 1990er-Jahren konnte sich Berg-Karabach mithilfe Armeniens in einem blutigen Bürgerkrieg von Aserbaidschan loslösen. Die Revanche gelang dem mit Öl- und Gaseinnahmen hochgerüsteten und autoritär geführten Aserbaidschan 2020, als es grosse Teile Berg-Karabachs zurückeroberte.

Und auch der anschliessend geschlossene und eigentlich von russischen Truppen zu überwachende Waffenstillstand erwies sich als brüchig.

Seit dem Sommer 2023 war der Latschin-Korridor von Aserbaidschanern blockiert – die einzige Verbindung zwischen Armenien und Berg-Karabach – und Nahrungsmittel oder Medikamente konnten nicht mehr in die Region geliefert werden, was eine prekäre humanitäre Situation zur Folge hatte.

Am 19. September 2023 dann startete Aserbaidschan eine Militäroffensive auf Berg-Karabach. Einen Tag lang dauerte der Krieg, bevor die Regierung in Berg-Karabach kapitulierte.

Seit da hat eine Massenflucht der Armenier eingesetzt, die Gewalt und Verfolgung durch die Sieger befürchten. Inzwischen sind 65'000 Menschen ins Mutterland Armenien geflüchtet. Weitere Zwangsumsiedler sind auf dem Weg.

Nach der Auflösung der Republik Arzach müsse sich die Bevölkerung nun mit den Aserbaidschans Gesetzen zur Eingliederung der Region vertraut machen, heisst es im Dekret – und dann selbst zu entscheiden, ob sie nach Berg-Karabach zurückkehren wolle.

(yam, mit Material der sda)

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Der Konflikt in Bergkarabach in 10 Bildern
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Der Konflikt in Bergkarabach in 10 Bildern
Die Konfliktregion Bergkarabach im Südkaukasus kommt nicht zur Ruhe: Armenien und Aserbaidschan liefern sich schwere Gefechte - trotz mehrerer Waffenruhen.
quelle: sda / -
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Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan: Darum geht's
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43 Kommentare
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JabbaThaHutt
28.09.2023 10:10registriert März 2023
Mal schauen ob Aserbaidschan danach Ruhe gibt... Leider wage ich es zu bezweifeln. Die Armenier, eingekesselt zwischen der Türkei (was diese den Armeniern zwischen 1915 und 1918 angetan haben wissen wir alle) und Aserbaidschan, haben es wirklich nicht leicht. Ginge es nach der Türkei und Aserbaidschan würden sie ganz Armenien zwischen sich aufteilen und die Bevölkerung "verschwinden lassen".

Ich hoffe wirklich, dass nun wo Berg-Karabach wieder zu Aserbaidschan gehören wird endlich ein bisschen Ruhe einkehren wird und die Armenier in Ruhe gelassen werden.
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KenEck
28.09.2023 10:10registriert Mai 2023
Die UN und div. Weltpolitiker sollen sich dafür einsetzen, dass aus Berg-Karabach eine autonome Region innerhalb Aserbaidschans entsteht, damit die dort lebenden Armenier von willkürlichen Racheakten der Aseris geschützt werden, welche es mMn in der nächsten Zeit geben wird.
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Maya Eldorado
28.09.2023 10:58registriert Januar 2014
Wenn ich die Karte so anschaue, sieht das für Armenien nicht gut aus.
Was ist mit dem orang gefärbten Gebiet? Ich vermute auch umstritten.
Und dann das autonome Gebiet Nachetschewan, auch zu Aserbeidschan gehörend.
Armenien hat seit dem Genozid einen schweren Stand.
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