Nach dem Ruf von mehr als 150 Experten nach einer Verlegung oder Verschiebung der Olympischen Spiele in Brasilien wegen des grassierenden Zika-Virus geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Sache nun doch nach.
Die WHO habe vier Mal Teams aus erfahrenen Wissenschaftlern nach Brasilien geschickt, «um Daten aus erster Hand über die derzeitige Lage zu sammeln», schrieb WHO-Chefin Margaret Chan in einem Brief, der am Freitag veröffentlicht wurde.
Ihr auf den 1. Juni datiertes Schreiben ist die Antwort auf eine Anfrage der US-Senatorin Jeanne Shaheen, die sich nach den Risiken für die öffentliche Gesundheit durch das für August angesetzte Sportereignis erkundigt hatte. Da dazu Menschen «aus allen Ecken der Erde» kämen, sei es wichtig, die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen zu verstehen, erklärte die Senatorin dazu nun.
In der Antwort, die Shaheen im Internet veröffentlichte, schrieb Chan: «Angesichts des derzeitigen Ausmasses der internationalen Besorgnis habe ich entschieden, die Mitglieder des Zika-Notfallkomitees zu beauftragen, die Risiken durch die Abhaltung der Olympischen Sommerspiele zu prüfen, wie sie derzeit geplant sind.»
Die Expertenteams sollten «das Risikolevel für die grosse Zahl an Athleten und Zuschauern» prüfen und «in Kürze» ihre Einschätzung abgeben. Ihre Empfehlung werde dann «sofort» im Internet veröffentlicht, sicherte Chan zu.
Vor einer Woche hatten mehr als 150 Gesundheitsexperten aus aller Welt in einem Brief gewarnt, wegen der drohenden Ausbreitung von Zika wäre es «unverantwortlich» und «unethisch», die Spiele in Rio de Janeiro wie geplant stattfinden zu lassen.
Der in Brasilien grassierende Zika-Erregerstamm sei in einer Weise gesundheitsgefährdend, wie sie die Wissenschaft bislang noch nicht erlebt habe.
Die 500'000 Touristen, die sich während der Spiele in Rio de Janeiro aufhalten werden, könnten das Virus in ihre eigenen Länder zurücktragen, legten die Wissenschaftler dar. Dies sei ein «unnötiges Risiko». Besonders dann, wenn Besucher der Spiele in ärmere Länder etwa in Südasien und Afrika zurückkehrten, könne das «Leid gross» sein.
Die WHO hatte diesen Forderungen zunächst aber eine deutliche Absage erteilt: Die Verschiebung oder Verlegung der Olympischen Spiele würde die Verbreitung des Zika-Virus «nicht entscheidend verändern», erklärte die Organisation.
Das von Stechmücken übertragene Zika-Virus grassiert derzeit in Süd- und Mittelamerika. Brasilien ist mit bislang rund anderthalb Millionen infizierten Menschen am stärksten betroffen.
Zika kann bei ungeborenen Kindern Mikrozephalie – einen abnormal kleinen Kopf und damit einhergehende schwere Hirnschäden – auslösen. Bei Erwachsenen wird das Virus unter anderem mit der seltenen Nervenkrankheit Guillain-Barré-Syndrom in Verbindung gebracht. Seit dem vergangenen Jahr wurden in Brasilien fast 1300 Babys mit Mikrozephalie geboren. (sda/afp)
Allerdings die Aussage, es sei "unverantwortlich und unethisch" Olympische Spiele in Rio auszutragen, absolut angemessen, wenn man bedenkt, dass in dieser Stadt 1'000'000 Menschen in Favelas leben...