International
Brexit

Brexit: Wie der Fischereistreit im Ärmelkanal eskaliert – in 5 Punkten

«Kein Krieg, aber Gefecht»: Wie der Fischereistreit im Ärmelkanal eskaliert – in 5 Punkten

28.10.2021, 13:06
Mehr «International»

Nach dem Brexit-Streit streiten sich London und Paris um Fischereirechte im Ärmelkanal. Nun hat Frankreich den Ton verschärft. Eine Übersicht.

FILE - In this Dec. 9, 2020 file photo, Britain's Prime Minister and Conservative Party leader Boris Johnson, center, visits Grimsby fish market in Grimsby, northeast England. On the eve of a Eur ...
Der britische Premierminister Boris Johnson auf Tuchfühlung mit einem Fisch. Bild: keystone

Was ist passiert?

Frankreich hat rhetorisch aufgerüstet: «Es ist kein Krieg, aber ein Gefecht», sagte Frankreichs Ministerin für Meeresangelegenheiten, Annick Girardin, am Donnerstag dem Radiosender RTL. «Wir haben Fangrechte. Die müssen wir verteidigen.»

Europa-Staatssekretär Clément Beaune wiederholte im Sender CNews die Drohung, britische Boote künftig scharfen Zoll- und Sicherheitskontrollen zu unterziehen. «Wir werden keine Toleranz zeigen, keine Nachsicht.» Damit will Paris London dazu bringen, mehr französische Boote in britischen Gewässern fischen zu lassen.

Bleibt es bei den markigen Worten?

Nein. Weil es angeblich nicht die erforderlichen Lizenzen für die Fischerei in französischen Gewässern hat, wurde ein britisches Boot von der französischen Küstenwache nach Le Havre geleitet, wie Girardin twitterte. Im Raum stehen eine Geldstrafe und die Beschlagnahme des Fangs. Gibt es grundsätzlich keine Einigung, sollen britische Boote ab Montag bestimmte französische Häfen nicht mehr ansteuern dürfen. Auch Lastwagen sollen genau geprüft werden. Immer wieder droht Frankreich zudem, Stromlieferungen nach Grossbritannien zu stoppen.

Was steckt dahinter?

Nun, der Fischereistreit schwelt seit langem. Hintergrund ist die Frage, wie viel ausländische Fischer nach dem Brexit in britischen Gewässern fangen dürfen. Bereits in den Verhandlungen über den Handelspakt der Briten mit der EU war dies die am heftigsten umstrittene Frage, die eine Einigung zeitweise fast unmöglich zu machen schien. Auf EU-Seite waren es vor allem die Franzosen, die sich unnachgiebig zeigten, das Thema wird seit jeher äusserst emotional behandelt und spielt mit uralten Ressentiments gegen das jeweils andere Land.

Wie sieht das Frankreich?

Paris vertritt den Standpunkt, dass vor allem für die fischreichen Gewässer um die Kanalinsel Jersey, die zwar zur britischen Krone, aber nicht zum Vereinigten Königreich gehört, zu wenig Lizenzen für französische Boote erteilt wurden. Anfang Mai blockierten Dutzende französische Fischer aus Protest den Jersey-Hafen Saint Helier, sowohl London als auch Paris schickten je zwei Kriegsschiffe vor die Insel.

Die britische Regierung betont, 98 Prozent aller Anträge von EU-Fischern sei stattgegeben worden. Hingegen schimpfte Girardin, es seien nur 90 Prozent – und bei den fehlenden 10 Prozent handle es sich «offensichtlich» um Franzosen.

Und wie reagiert London?

In Grossbritannien sind die Töne weniger martialisch, doch nachgeben will niemand. Rund ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich politisiere die französische Regierung das Thema, sagte der Chef des britischen Verbunds der Fischereiorganisationen, Barrie Deas, dem Sender BBC Radio 4. «Es ist ein bisschen seltsam, weil die französischen Flotten in britischen Gewässern viel mehr fischen als wir in ihren Gewässern», sagte Deas.

Nach den neusten Handlungen Frankreichs zeigte sich die britische Regierung sich empört und erwägt Gegenmassnahmen. Das französische Vorhaben stehe sehr wahrscheinlich nicht in Einklang mit internationalem Recht sowie dem Brexit-Vertrag, betonte Brexit-Minister David Frost. (mlu/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
16 spezielle Sushi-Kreationen, die du lieben wirst
1 / 18
16 spezielle Sushi-Kreationen, die du lieben wirst
bild: imgur

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nico beim Fischen – da zappelt einiges an der Rute
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
buffettino
28.10.2021 13:05registriert Oktober 2019
Einfach die Gewässer trennen und nur noch in den eigenen Gewässer fischen, fertig. Dafür braucht es halt etwas seeterritoriale Kompromisse beider Parteien.
274
Melden
Zum Kommentar
avatar
CogitoErgoSum
28.10.2021 15:11registriert August 2018
Wenn wir so weitermachen, ist Fisch bald eh nur noch selten oder überhaupt nicht mehr auf dem Teller.
203
Melden
Zum Kommentar
8
Recherche legt unheimliche Russland-Affäre deutscher Sozialdemokraten offen
Als deutscher Aussenminister verhandelte Frank-Walter Steinmeier mit Russland über Krieg und Frieden. Investments eines Sonderbeauftragten von Wladimir Putin führen in sein enges privates Umfeld.

Es gibt Bilder von Stephan Kohler, auf denen scheint er dem Herz der deutschen Sozialdemokratie so nah wie kaum ein anderer. Auf Berggipfeln in den Südtiroler Alpen sind sie entstanden.

Zur Story