In Hongkong sind am Freitag erneut tausende Demonstranten auf die Strasse gegangen. Sie blockierten während der Hauptverkehrszeit am Morgen zunächst das Regierungsviertel der chinesischen Sonderverwaltungszone und zogen dann weiter vor das Parlamentsgebäude und das Polizeihauptquartier.
Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Regierungschefin Carrie Lam, die Freilassung von festgenommenen Protestteilnehmern und den endgültigen Verzicht auf ein umstrittenes Gesetzesvorhaben, das Auslieferungen nach Festland-China vorsieht.
Verschiedene Oppositionsgruppen hatten dazu aufgerufen, sich am Freitag vor dem Parlament und dem Regierungskomplex in Hongkong zu «Picknicks» zu treffen. Es gab auch Aufrufe zu einem Massenstreik. Zunächst war aber unklar, welche Branchen und Berufsgruppen sich an dem Streik beteiligen.
Anders als frühere Protestbewegungen in Hongkong sind die derzeitigen Demonstrationen nicht zentral organisiert. Kleinere Oppositionsgruppen organisieren sich unter anderem über den Messengerdienst Telegram. In einer Chatgruppe hiess es dort am Donnerstag etwa, es gebe viele Möglichkeiten, sich an den Protesten zu beteiligen: «Denk sorgfältig darüber nach, wie du deine Liebe zu Hongkong unter Beweis stellen kannst. Der 21. Juni ist nicht das Ende des Kampfes.»
Vor dem Polizeihauptquartier forderten die Demonstranten am Freitag die Freilassung von festgenommenen Regierungsgegnern. Viele Menschen riefen «Lasst die Unschuldigen frei» und «Schande über Polizeischläger».
In Hongkong finden seit Wochen die grössten Proteste seit der Rückübergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997 statt. Am Sonntag gingen nach Angaben der Organisatoren mehr als zwei Millionen Menschen auf die Strasse.
Der Unmut richtet sich gegen ein Gesetzesvorhaben, das Auslieferungen auch an Festland-China ermöglichen würde. Kritiker fürchten, dass vor chinesischen Gerichten dann auch politischen Gegnern der Prozess gemacht werden könnte. Regierungschefin Lam hat sich angesichts der Proteste für «Defizite in der Regierungsarbeit» entschuldigt und das Gesetzesvorhaben auf Eis gelegt, aber nicht komplett zurückgenommen. (aeg/sda/afp)