International
Deutschland

Deutschland will jeden vierten Bootsmigranten aus Italien aufnehmen

epa07798743 Minister of Interior, Construction and Homeland, Horst Seehofer, arrives for the weekly cabinet meeting of the Government at the Chancellery, in Berlin, Germany, 28 August 2019. The cabine ...
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer: «Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.»Bild: EPA

Deutschland will jeden vierten Bootsmigranten aus Italien aufnehmen

14.09.2019, 09:23
Mehr «International»

Im Ringen um die Verteilung von Migranten auf europäische Staaten ist die deutsche Regierung bereit, jeden vierten in Italien ankommenden Bootsflüchtling aufzunehmen. Das sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) der «Süddeutschen Zeitung» vom Samstag.

«Ich habe immer gesagt, unsere Migrationspolitik ist auch human. Wir werden niemanden ertrinken lassen.» Die Gespräche liefen noch, wenn aber alles wie besprochen bleibe, «können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen. Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.» Zugleich werde er darauf dringen, gerettete Migranten noch in Italien einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, kündigte Seehofer an.

Deutschland habe auch bisher schon rund ein Viertel der aus dem Mittelmeer geretteten Menschen aus Italien übernommen: «An diesem Schlüssel ändert sich nichts», erklärte Seehofer. Es sei aber höchste Zeit, sich von dem «quälenden Prozedere» zu verabschieden, bei dem in der Vergangenheit Flüchtlinge von jedem einlaufenden Rettungsschiff einzeln über Europa verteilt werden mussten – und das teils erst nach langem Gerangel, bei dem sich ein Mitgliedstaat nach dem anderen für nicht zuständig erklärte. In den zurückliegenden zwölf Monaten kamen laut Bundesinnenministerium 561 Bootsflüchtlinge über Italien nach Deutschland.

Baldiges Treffen für Quoten

Auf der Suche nach einer Lösung, wie Bootsflüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden sollen, könnte es bald greifbare Fortschritte geben. Für den 23. September hat Malta Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Italiens, des EU-Ratsvorsitzenden Finnland sowie der EU-Kommission zu einem Treffen in die maltesische Stadt Vittoriosa eingeladen, um eine vorläufige Quotenregelung zu finden. Im Oktober soll der Vorschlag den Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden.

«Die Erwartung ist, dass weitere Staaten sich anschliessen», sagte Seehofer. Nach Darstellung der «Süddeutschen Zeitung» und der «Bild»-Zeitung ist angeblich auch Frankreich bereit, 25 Prozent der in Italien anlandenden Bootsflüchtlinge aufzunehmen.

Italien und Malta hatten zuletzt immer wieder Schiffen mit geretteten Migranten an Bord die Einfahrt in ihre Häfen untersagt. Die Menschen mussten daraufhin oft für mehrere Wochen auf den Schiffen ausharren.

Politikwechsel in Italien?

Im Falle Italiens war bis vor kurzem Innenminister und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini von der rechten Lega hauptverantwortlich für den knallharten Kurs in der Migrationspolitik. Nach dem jüngsten Regierungswechsel in Rom hoffen die europäischen Partner nun wieder auf mehr Kooperationsbereitschaft seitens der italienischen Regierung - und könnten ihrerseits geneigt sein, Hilfe anzubieten, um den innenpolitischen Druck auf die neue Mitte-Links-Koalition des parteilosen Regierungschefs Giuseppe Conte zu lindern.

Seehofer hatte erst am Mittwoch seine Hoffnung auf einen Neuanfang mit der neu vereidigten italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese ausgedrückt. Er setze auf «eine gute und verlässliche Zusammenarbeit», sagte Seehofer nach einem Telefonat mit Lamorgese – und lud sie für kommenden Mittwoch zu einem Besuch nach Berlin ein. «Dabei werden wir vorrangig die gemeinsamen Interessen und Leitlinien in der Migrationspolitik ausloten», kündigte der Minister an. Über Salvini, der in Italien nach wie vor sehr populär ist, hatte Seehofer dagegen im Mai gesagt: «Da ist eine Vertrauensbasis kaum möglich.»

Ausschiffungslager vom Tisch

Kritik an der Zusage, 25 Prozent der in Italien ankommenden Flüchtlinge aufzunehmen, kam in Deutschland von FDP-Chef Christian Lindner. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Lindner mit Blick auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU): «Ich warne Frau Merkel davor, einer so hohen Quote zuzustimmen, denn wir haben über Jahre die Hauptlast in Europa getragen.»

Eine von Seehofer ins Spiel gebrachte Regelung, wonach Flüchtlinge zunächst zu Ausschiffungsplattformen in Nordafrika gebracht werden sollten, um dort ihr Asylverfahren abzuwickeln, ist wohl vorerst vom Tisch. «Dazu braucht es ein bis zwei Länder in Nordafrika, die das befürworten», sagte Seehofer. «Die gibt es nicht.» (viw/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Flüchtlinge aufs Festland transportiert
1 / 8
Flüchtlinge aufs Festland transportiert
Die Flüchtlingslager im Osten der Agäis in Griechenland sind hoffnungslos überfüllt.
quelle: epa / stratis balaskas
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Salvinis Rede über Sea-Watch sorgt für Aufregung
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
137 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Füürtüfäli
14.09.2019 10:57registriert März 2019
Der Selbstzerstörungstrieb der Deutschen ist schon bemerkenswert.
Genauso wie ihr Drang den übrigen Ländern in Europa ihre destruktive Ideologie aufzwingen zu wollen.
24897
Melden
Zum Kommentar
avatar
Repplyfire
14.09.2019 10:55registriert August 2015
Leider freuen solche Nachrichten vor allem die AfD.
16850
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fondue
14.09.2019 12:15registriert Januar 2015
In DE läuft es ja relativ gut mit der Migrationspolitik. Bildung von No-Go Areas, Gewahlt und kein Plan haben scheint an der Tagesordnung zu liegen. So ein Entscheid hilft leider einfach wiedermal nur der AfD. Funktionieren wirds eh nicht.
17671
Melden
Zum Kommentar
137
Blutiger Wahlkampf in Mexiko: Bürgermeisterkandidat erstochen
Die Ermordung eines Bürgermeisters im Norden von Mexiko lässt die Zahl der getöteten Politiker vor der landesweiten Wahl im Juni weiter steigen.

Noé Ramos wurde nach einem Wahlkampfauftritt am Donnerstag in der Stadt Ciudad Mante auf der Strasse erstochen, wie die Sicherheitsbehörden des an die USA grenzenden Bundesstaates Tamaulipas mitteilten. Der Politiker der bürgerlichen Partei der Nationalen Aktion (PAN) hatte erst vor wenigen Tagen seine Kampagne zur Wiederwahl als Bürgermeister der Stadt begonnen.

Zur Story