Nach der Ankunft von mehreren Tausend Bootsmigranten auf Lampedusa in den vergangenen Tagen hat Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf die Mittelmeerinsel eingeladen. Die EU-Politikerin solle gemeinsam mit Meloni die Lampedusa besuchen, «um sich persönlich den Ernst der Lage, in der wir uns befinden, bewusst zu machen», sagte die Rechtspolitikerin in einer Videobotschaft am Freitagabend.
Seit Wochenbeginn haben mehrere Tausend Bootsmigranten die kleine Insel zwischen Sizilien und Nordafrika erreicht. Allein am Dienstag kamen mehr als 5000 Menschen an - so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Zeitweise war das Erstaufnahmelager mit rund 6800 Menschen masslos überfüllt. Wegen der Nähe zur tunesischen Küstenstadt Sfax gehört Lampedusa seit Jahren zu den Brennpunkten der Migration nach Europa. Der Stadtrat der Insel rief am Mittwoch angesichts der zugespitzten Lage den Notstand aus.
«Der Migrationsdruck, den Italien seit Anfang dieses Jahres erlebt, ist unhaltbar», so Meloni weiter. Nach Ansicht der Regierungschefin sei klar, dass das Mittelmeerland und Europa diese enorme Zahl an Menschen nicht aufnehmen könnten. Sie beabsichtige nun, «aussergewöhnliche Massnahmen» zu ergreifen. Sie kündigte etwa an, das Höchstmass der Haftdauer in Abschiebungshaftanstalten anzuheben. In einer Kabinettssitzung am Montag wolle sie die Massnahmen beschliessen.
Italien wird seit Oktober 2022 von einer Rechtsallianz unter der Führung der ultrarechten Meloni regiert. Die Politikerin versprach, die Migration nach Italien einzuschränken. Bislang konnte sie das Wahlversprechen nicht erfüllen. Seit Jahresbeginn kamen laut Zahlen des Innenministeriums in Rom rund 127 200 Menschen (Stand 15. September) auf Booten nach Italien - im Vorjahreszeitraum waren es rund 66 200. (sda/dpa)