Der gewaltsame Tod der Studentin Tugce Albayrak löste deutschlandweit Bestürzung und Anteilnahme aus. Am zehnten Verhandlungstag hat das Landgericht Darmstadt nun das Urteil in dem Fall verkündet.
Der 18-Jährige Sanel M. muss demnach wegen Körperverletzung mit Todesfolge drei Jahre in Haft. Er wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt, er war zum Tatzeitpunkt erst seit zehn Tagen 18 Jahre alt.
Der Angeklagte wurde für schuldig befunden, der 22-jährigen Albayrak im November vergangenen Jahres auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach heftig ins Gesicht geschlagen zu haben. Die junge Frau stürzte daraufhin und schlug mit dem Kopf auf den Boden auf. Sie fiel ins Koma, aus dem sie nicht mehr erwachte.
Der Täter habe den Tod der 22-Jährigen nicht beabsichtigt, sagte der Vorsitzende Richter Jens Assling. Sanel M. sei «kein Killer, Totschläger oder Koma-Schläger». Der Mutter von Tugce kamen beim Urteil die Tränen, auch Zuschauer weinten. Sanel M. nahm die Entscheidung äusserlich ruhig auf.
M.s Verteidigung kündigte an, das Urteil anzufechten. «Wir werden in Revision gehen», sagte Anwalt Heinz-Jürgen Borowsky. Man halte die Begründung des Gerichts nicht für überzeugend, es hätte bessere Möglichkeiten für Sanel M. gegeben, als ihn jetzt im Gefängnis wegzusperren.
Am 28. November 2014 liessen die Eltern nach dem Hirntod der Tochter die lebenserhaltenden Apparate abschalten. Albayrak soll vor dem verhängnisvollen Schlag des Angeklagten auf der Toilette des Restaurants zwei Mädchen vor Sanel M. in Schutz genommen und damit Zivilcourage gezeigt haben. Viele sehen in ihr deshalb eine Heldin.
Vor dem Urteil war es im Landgericht Darmstadt zu Tumulten gekommen. Einige Zuschauer wollten sich offenbar in der Warteschlange vor dem Gerichtssaal vordrängeln. Als andere mit Unverständnis darüber reagierten, kam es zu Beleidigungen und Rangeleien. Die Polizei wurde alarmiert, als die Beamten kamen, kehrte Ruhe ein.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten gefordert. Die Verteidigung hatte für eine Bewährungsstrafe plädiert. In dem Verfahren wurden mehr als 60 Zeugen vernommen. Es stellte sich heraus, dass sich vor der Tat beide Seiten gegenseitig heftig beleidigt hatten. Oberstaatsanwalt Alexander Homm sagte in seinem Plädoyer, weder sei Sanel M. ausschliesslich ein aggressiver «Koma-Schläger» noch Albayrak eine «nationale Heldin» für Zivilcourage.