Der deutsche Justizminister Heiko Maas hält es für möglich, dass Täter der sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht aus Deutschland ausgewiesen werden können. Asylsuchende könnten auch während eines laufenden Asylverfahrens ausgewiesen werden.
Dies gelte für Asylsuchende, die zu Freiheitsstrafen von einem Jahr oder mehr verurteilt worden seien, sagte Maas Zeitungen der «Funke Mediengruppe» laut Vorab-Bericht vom Donnerstag. Über die Höhe von Strafen hätten zwar die Gerichte zu entscheiden. Ein solches Strafmass sei aber bei Sexualdelikten absolut möglich. «Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar.»
Der Justizminister rief dazu auf, «mit aller Entschlossenheit, aber auch besonnen» auf die Gewaltexzesse zu reagieren. «Dazu gehört auch, zunächst den Sachverhalt und die Täter genauestens zu ermitteln.» Die Täter müssten für ihre «widerwärtigen Taten» bestraft werden, forderte Maas. «Das ist es, was wir vor allem den Opfern jetzt schuldig sind.»
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hatte zuvor erklärt, die Genfer Flüchtlingskonvention mache bei Abschiebungen strenge Vorgaben. In Deutschland gelte bisher die Regel, dass sich erst eine Haftstrafe von drei Jahren auf ein Asylverfahren auswirke. Deshalb müsse darüber geredet werden, «ob das nicht geändert werden muss».
Justizminister Maas sagte zudem, wenn sich eintausend Menschen zu einer enthemmten Horde zusammenfänden und das offenbar auch so geplant gewesen sei, «dann ist das nicht weniger als ein zeitweiliger Zivilisationsbruch». Nie wieder dürften Menschen solchen zügellosen Massen schutzlos ausgeliefert sein.
In der Silvesternacht hatten sich der Polizei zufolge in Köln rund 1000 Männer auf dem Bahnhofsvorplatz versammelt, viele davon aggressiv und betrunken. Aus kleineren Gruppen heraus sollen dann Frauen bedroht und bestohlen sowie sexuell angegriffen worden sein.
Am Mittwoch hatte die Polizei erklärt, die ersten drei Tatverdächtigen seien ermittelt. Auch aus Hamburg wurden zahlreiche Übergriffe gemeldet. Beim Grossteil der Täter soll es sich um junge Heranwachsende aus nordafrikanischen Herkunftsländern und dem Nahen Osten gehandelt haben.
Die Geschehnisse bringen Polizeipräsident Wolfgang Albers unter Druck. Es ist bereits die dritte politisch brisante Grosslage in noch nicht einmal anderthalb Jahren. Da waren zunächst die Ausschreitungen der rechten Schlägertruppe «Hooligans gegen Salafisten» (Hogesa), die sich im Herbst 2014 am Kölner Hauptbahnhof ausgetobt hatte, und die die Polizei massiv unterschätzt hatte.
Auch in der merkwürdigen Affäre um die angeblichen Entgleisungen eines Kölner Spezialeinsatzkommandos machte der Behördenchef Albers keine gute Figur. Und nun die massiven sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht.
Derweil haben einem Medienbericht zufolge die ersten Touristen ihre geplanten Reisen nach Köln gestrichen. Grund seien die Übergriffe in der Silvesternacht, berichtet der «Kölner Stadt-Anzeiger». Das Image der Stadt habe einen Knacks erlitten, sagte demnach Josef Sommer, Geschäftsführer von Köln-Tourismus.
Bei der Organisation handelt es sich um eine 100-prozentige Tochter der Stadt, sie soll für eine möglichst positive Aussendarstellung sorgen.
Es gebe zudem zahlreiche Mails und Anrufe besorgter Touristen und Reiseveranstalter. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Köln mit rund 1500 Mitgliedsbetrieben berichtete demnach von einer grossen Unsicherheit. Nicht nur Privattouristen, auch Geschäftsreisende hinterfragten die Sicherheitslage in der Stadt, sagte Geschäftsführer Christoph Becker. (dwi/sda/spon)