Die Einführung eines Bürgergelds als neuer Sozialleistung ist in Deutschland vorerst gescheitert. Das Reformprojekt der Mitte-links-Regierung fand im Bundesrat (Länderkammer) nicht die erforderliche Mehrheit.
Das eigentlich zum 1. Januar geplante Bürgergeld soll in Deutschland die bisherige Grundsicherung «Hartz IV» ablösen. Von der Regierung erklärtes Ziel ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können.
Das in der vorigen Woche von den Parteien der «Ampel»-Koalition (SPD, FDP, Grüne) im Bundestag beschlossene Gesetz sieht eine Erhöhung des heutigen «Hartz IV»-Regelsatzes von 449 Euro für Alleinstehende auf 502 Euro vor. Hinzu kommen die Kosten für Miete und Heizung.
Arbeitslose sollen zudem künftig weniger durch angedrohten Leistungsentzug (Sanktionen) unter Druck gesetzt und dafür bei Weiterbildungsmassnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgrösse bei Leistungsbeziehern gelockert werden.
Aus Sicht der christdemokratischen Opposition senkt das Bürgergeld aber die Motivation, eine Arbeit anzunehmen. Sie kritisierte unter anderem die Verringerung von Sanktionsmöglichkeiten, für Arbeitslose, die eine angebotene Stelle nicht annehmen und das aus ihrer Sicht zu hohe «Schonvermögen».
Die Ablehnung im Bundesrat war absehbar, da die Bundesländer ohne Regierungsbeteiligung der Christdemokraten nicht auf die erforderliche Mehrheit von 35 der 69 Stimmen in der Länderkammer kommen.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wies im Bundesrat die Bedenken der Christdemokraten gegen das Bürgergeld zurück und warb um Unterstützung. Die Bundesregierung werde noch am Montag den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesregierung anrufen.
Ziel sei es, bis zur nächsten regulären Bundesratssitzung am 25. November zu einer Einigung zu kommen. Das Gesetzgebungsverfahren müsse noch bis Ende November abgeschlossen werden, damit das Gesetz am 1. Januar 2023 in Kraft treten könne, sagte Heil.
Die «Hartz IV»-Hilfen waren 2005 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführt worden. Benannt waren sie nach dem dem früheren VW-Manager und Kanzler-Berater Peter Hartz. Damals wurde die Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zum neuen «Arbeitslosengeld 2» zusammengelegt. Für viele Hilfebezieher bedeutete das eine massive Verschlechterung. «Hartz IV» gilt als einer der Gründe für die Niederlage Schröders bei der Bundestagswahl 2005 und das damalige Erstarken der Linkspartei in Deutschland.
Auch bei der «Hartz IV»-Einführung musste seinerzeit der Vermittlungsausschuss angerufen werden, weil Rot-Grün keine Mehrheit in der Länderkammer hatte. Auf diese Weise konnte die damalige christdemokratische Opposition einige ihrer eigenen Vorstellungen durchsetzen. (cpf/sda/dpa)