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Streit mit Musk: Richter verfügt Sperrung von X in Brasilien

Streit mit Musk: Richter verfügt Sperrung von X in Brasilien

31.08.2024, 06:1731.08.2024, 10:24
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Ein Richter in Brasilien hat nach einem monatelangen Streit mit Tech-Milliardär Elon Musk die Sperrung von dessen Online-Plattform X angeordnet. Die Nationale Telekommunikationsbehörde solle die Anweisung binnen 24 Stunden umsetzen, ordnete Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Bundesgericht an.

Er wirft dem Twitter-Nachfolgedienst X vor, ungenügend gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. Musk seinerseits verweist auf die Redefreiheit und bezeichnete den Richter als «bösen Diktator».

Der Konflikt eskalierte zuletzt. Der Richter verlangte von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiteten. Musk bezeichnete die Forderung als gesetzwidrig, die Online-Plattform kam der Aufforderung nicht nach – und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht.

FILE - Tesla and SpaceX chief executive officer Elon Musk listens to a question as he speaks at the SATELLITE Conference and Exhibition in Washington, March 9, 2020. (AP Photo/Susan Walsh, File)
Elon  ...
Elon Musk.Bild: keystone

Sperrung nach verstrichenem Ultimatum

Musk liess dann das Büro in Brasilien Mitte August mit der Begründung schliessen, er befürchte eine Festnahme der damaligen Repräsentantin. Moraes stellte X diese Woche ein Ultimatum: Entweder wird innerhalb von 24 Stunden ein Rechtsvertreter ernannt – oder die Plattform wird gesperrt. Musk liess die Frist verstreichen.

Stattdessen machte er Stimmung gegen Moraes bei X, wo er 196 Millionen Follower hat. Unter anderem veröffentlichte Musk ein mutmasslich per KI erstelltes Bild, das einen dem Richter ähnlich aussehenden Mann hinter Gittern zeigt. Eines Tages werde das die Wirklichkeit sein, «denk an meine Worte», mahnte er Moraes.

Musk ist vor allem dank der Beteiligung an dem von ihm geführten Elektroauto-Hersteller Tesla der reichste Mensch der Welt. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt sein Vermögen aktuell auf 239 Milliarden US-Dollar.

Doch keine Strafe für Nutzer mit VPN

Der Richter verfügte am Freitag zunächst auch, dass Nutzern, die die Sperre mit technischen Lösungen wie VPN-Diensten umgehen, eine Strafe von 50'000 brasilianischen Real (rund 8'000 Euro) pro Tag droht. Wenige Stunden später wurde dies nach Kritik wieder zurückgenommen. VPN-Tunnel können es so aussehen lassen, als wäre ein Nutzer in einem anderen Land. Sie sind ein gängiges Mittel, um Online-Sperren zu umgehen.

Auch die anfängliche Anweisung an Google und Apple, die X-App binnen fünf Tagen aus ihren Download-Stores zu entfernen und ihre Nutzung zu blockieren, wurde aufgehoben. Dadurch sollten «Unannehmlichkeiten für andere Unternehmen» vermieden werden, begründete Moraes.

Musk verweist auf Redefreiheit

Musk, der der amerikanischen Rechten angehört und ein lauter Unterstützer von Ex-Präsident Donald Trump ist, gibt sich stets als Verteidiger der Meinungsfreiheit. Er wirft dem Richter Zensur vor. «Alexandre de Moraes ist ein böser Diktator, der sich als Richter verkleidet», schrieb Musk auf X. Zugleich ging X unter seiner Regie zum Beispiel in Indien auf Forderungen der Regierung ein, einige Accounts und Inhalte zu blockieren.

X wurde zuletzt in Brasilien auch zur Mobilisierung für demokratiefeindliche Aktionen genutzt. Sogenannte digitale Milizen aus dem Umfeld des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro verbreiten in sozialen Netzwerken Fake News und Hassreden.

Einige der Accounts, deren Sperrung Moraes von X forderte, stellten die Rechtmässigkeit von Bolsonaros Wahlniederlage infrage und zeigten Sympathie für dessen Anhänger, die damals das Parlamentsgebäude und das Oberste Gericht gestürmt hatten.

Einnahmen aus dem Ausland für X von zunehmender Bedeutung

Da die Werbeerlöse im Heimatmarkt USA nach dem Rechtsruck der Plattform unter Musk sinken, sind Auslandsmärkte wie Brasilien mit mehr als 200 Millionen Einwohnern für die Finanzen von X wichtiger geworden. Medienberichten zufolge kommt X in dem lateinamerikanischen Land auf rund 20 Millionen Nutzer. (sda/dpa)

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87 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
31.08.2024 06:40registriert August 2018
Was stimmt mit dem Kerl nicht. Jetzt benutzt Batterie Elon sein X um in Brasilien Stimmung gegen Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Bundesgericht zu machen.

Der Richter wollte lediglich, dass der Elon einen Rechtsvertreter ernennt.

Elon fühlt sich wohl allmächtig. Hat autoritäre Züge. Ist ganz klar im braunen Sumpf zu verorten.

X verbieten ist genau das Richtige, was Bundesrichter Morales angeordnet hat.
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Händlmair
31.08.2024 06:47registriert Oktober 2017
Absolut richtiger Entscheid des Richters. Es ist zu hoffen, das auch andere Länder dem Vorbild Brasiliens folgen werden. Musk verwendet seine Plattform schon seit längerem als Waffe gegen jegliche liberale, soziale und demokratische Politik und versteckt sich feige hinter der Rede- und Meinungsfreiheit. Es ist schon lange an der Zeit klare Grenzen was unter die Rede- und Meinungsfreiheit gehört und was nicht.
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stronghelga
31.08.2024 06:34registriert März 2021
„Grössenwahn“ in Reinkultur. Musk stellt sich über das Gesetz. Ein Vorgang, welcher schwer zu denken gibt.
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