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Michael Cohenhält im Trump-Prozess das Schicksal in der Hand

FILE - Michael Cohen arrives at New York Supreme Court Oct. 25, 2023, in New York. Donald Trump's former lawyer and fixer, Cohen was once a fierce Trump ally, but now he's a key prosecution  ...
Michael Cohen war einst der «Mann fürs Grobe» von Donald Trump. Nun ist er im Prozess gegen den Ex-Präsidenten der Hauptbelastungszeuge.Bild: keystone

Dieser Zeuge hält im Trump-Prozess das Schicksal des Ex-Präsidenten in der Hand

Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 war Michael Cohen ein enger Vertrauter von Donald Trump. Er fädelte die Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels ein. Nun sitzt Cohen im Prozess gegen den Ex-Präsidenten bald im Zeugenstand.
10.05.2024, 11:3610.05.2024, 17:46
Renzo Ruf, Washington / ch media
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Dieser Prozess hat alles: einen prominenten Angeklagten, eine ehemalige Geliebte, die hauptberuflich als Pornoschauspielerin tätig ist, eine weinende Assistentin, einen strengen Richter. Doch auch nach drei Wochen fehlt im Verfahren gegen Donald Trump in New York etwas ganz Wichtiges: Der eindeutige Beweis dafür, dass der Angeklagte wissentlich eine Straftat begangen hat.

Eine Person soll dies ändern. Michael Cohen, 57 Jahre alt, und in den Jahren 2016 bis 2017, um die sich der Prozess vor einem New Yorker Lokalgericht dreht, der Vertrauensanwalt und «Mann fürs Grobe» von Trump. Cohen war es, der in der heissen Phase des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 die Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels einfädelte - damit die Schauspielerin nicht kurz vor dem Wahltag Auskunft über einen One-Night-Stand mit dem republikanischen Kandidaten auspacken würde. Denn dies hätte die Wahlchancen seines Chefs wohl komplett zerstört.

Den entsprechenden Betrag bezahlte Cohen im Oktober 2016 aus der eigenen Tasche. Später fädelte er die Rückzahlung ein, nachdem Trump aus beruflichen Gründen nach Washington gezügelt war. Im Weissen Haus unterzeichnete der damalige Präsident die entsprechenden Checks, mit seiner unleserlichen Unterschrift. (Das Logistikunternehmen FedEx übernahm den Transport der Dokumente von New York nach Washington und zurück.)

In den Büchern des Familienunternehmens Trump Organization wurden die entsprechenden Zahlungen anschliessend unter dem Vermerk «Juristische Dienstleistungen» verbucht. Das war aber eine glatte Lüge, behauptet die Staatsanwaltschaft, und alle Beteiligten - Trump, Cohen und hochrangige Angestellte der Trump Organization - waren sich dessen bewusst.

Cohen war «ein schwieriger Kunde», sagt sein Ex-Banker

Weil der Angeklagte aber diesen angeblichen Gesetzesverstoss entschieden abstreitet, wird Cohen eine zentrale Rolle spielen, wenn er im Zeugenstand in den nächsten Tagen Auskunft gibt. Er muss sämtlichen Geschworenen glaubhaft erklären, dass Trump wusste, wie krumm diese Transaktionen waren. Und dass der damalige Präsident zumindest in Kauf nahm, damit gegen Strafgesetze und Vorschriften zu verstossen.

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Donald Trump im schlecht beleuchteten Korridor eines New Yorker Lokalgerichts. Der republikanische Präsidentschaftskandidat weist sämtliche Vorwürfe gegen ihn.Bild: keystone

Das Problem: Michael Cohen ist eine höchst unsympathische Figur. Dies versicherten in den vergangenen Tagen fast sämtliche Zeugen im Gerichtssaal von Richter Juan Merchan. Er war «ein schwieriger Kunde», sagte sein ehemaliger Banker. «Niemand wollte mit ihm zu tun haben», sagte der ehemalige Anwalt von Stormy Daniels. Journalisten, die mit Cohen im Wahlkampf 2016 direkt zu tun hatten, können dies bestätigen. Der Mann war aufbrausend, fluchte stets wie ein Rohrspatz und war ein Wichtigtuer.

Hinzu kommt: Cohen ist vorbestraft. Er landete hinter Gittern, nachdem er im Dezember 2018 von einem New Yorker Bundesrichter zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Cohen hatte Steuerbetrug begangen und Verstösse gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung eingestanden. Trumps Anwälte werden auf diesem Punkt herumreiten.

Ist ein Ex-Häftling glaubwürdig?

Ein weiteres Problem für die Anklage: Seit seiner Freilassung im November 2021 profiliert sich der ehemalige Häftling als scharfzüngiger Trump-Kritiker. Ob auf X oder in seinem Podcast, Cohen liess bis zu Prozessbeginn keine Gelegenheit verstreichen, sich über den republikanischen Präsidentschaftskandidaten lustig zu machen. So nannte er Trump «Donald Von Shitsinpants» - ein kindischer Beiname, der Auskunft über das Niveau der Beleidigungen gibt, mit denen Cohen seinen ehemaligen Chef eindeckt.

Dies alles schadet der Glaubwürdigkeit von Michael Cohen. Die Staatsanwaltschaft weiss dies. Deshalb bereiteten sie die Geschworenen in den vergangenen Tagen auf den Hauptbelastungszeugen vor. Cohen, so lautete die Botschaft der Anklagebehörde, habe viele Fehler in seinem Leben gemacht. Er sei vielleicht gar «ein Dummkopf», wie es Daniels' Ex-Anwalt formulierte. Aber letztlich sei er Zeuge eines Verbrechens gewesen, und darüber wolle er nun sprechen.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maverich
10.05.2024 12:48registriert August 2021
Mir wäre es wohler, Trump käme für seine wirklich schweren Verbrechen/Vergehen dran, die er zum Teil immer noch begeht.
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Cpt. Jeppesen
10.05.2024 12:10registriert Juni 2018
Es gibt doch heimlich mitgeschnittene Tonaufnahmen zwischen Cohen und Trump, wo sie die Art und Weise der Bezahlung an Daniels besprechen. Und dann gibt es noch die andere Geliebte, mit der Trump 10 Monate lang ein Verhältnis hatte und die ebenfalls mit Schweigegeld vor der Wahl ruhig gestellt wurde. Und ich meine mich zu erinnern, dass Cohen wegen der gleichen Tat, wegen der Trump nun angeklagt ist, in den Knast musste. Ich bin gespannt ob es für Trump ein anderes Recht hat, als für Cohen. Oder wird es wieder einmal so, die Kleinen hängt man, die Grossen lässt man laufen.
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Koboi
10.05.2024 13:24registriert März 2024
Und immer nochgibt es Menschen, die von einem politischen Prozess faseln. Als wäre die Anklage juristisch nicht hieb- und stichfest.
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