Auf der Weltklimakonferenz zeichnet sich ein hartes Ringen um den weltweiten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ab. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz forderte diese Abkehr von fossilen Energieträgern bei seiner Stippvisite in Dubai am Wochenende ausdrücklich ein.
Der Gastgeber der COP28 aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zweifelt einem Bericht zufolge aber an, dass der Ausstieg aus wissenschaftlicher Sicht notwendig ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Beobachter und Klimaaktivistinnen reagierten empört. Und vom SPD-Kanzler, der als «Klimakanzler» Wahlkampf machte, wünschen sie sich mehr Entschlossenheit im Kampf gegen die Erderwärmung.
Mehrere Umweltverbände begrüssten Scholz’ Signal zum Ausstieg aus den fossilen Energien. Der deutsche Kanzler hatte am Samstag gesagt:
Zu diesen Worten passe aber nicht, «dass die Bundesregierung mit der Errichtung neuer fossiler Infrastruktur für den Import von Flüssiggas gegen das Pariser Abkommen arbeitet und parallel dazu das Klimaschutzgesetz aushöhlt», sagte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. «Das hat der Bundeskanzler wohlweislich verschwiegen.»
WWF-Klimachefin Viviane Raddatz fügte hinzu, bei der Klimakonferenz mit rund 200 Staaten gehe es nicht nur um Signale, sondern vor allem um die Umsetzung.
Die deutsche Sektion von Fridays for Future, mit mehreren Aktivistinnen und Aktivisten in Dubai, stellte es als Erfolg dar, Scholz bei einem persönlichen Treffen zur Erwähnung des fossilen Ausstiegs gedrängt zu haben. Luisa Neubauer forderte ausserdem vom Kanzler «ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Klimaschutz und sozialgerechte Transformation».
Dass sich die Staaten der Welt jedoch in Dubai wirklich auf einen weltweiten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas einigen können, ist unwahrscheinlich – zumal der Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber als Chef des staatlichen Ölkonzerns eine fragwürdige Rolle spielt.
Der britische «Guardian» und das «Centre for Climate Reporting» berichteten am Sonntag, er habe im November in einer Videoschalte unter anderem mit UN-Vertretern gesagt, es gebe «keine Wissenschaft», die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
🚨 NEW | Cop28 president says there is ‘no science’ behind demands for phase-out of fossil fuels
— Centre for Climate Reporting (@ClimateReport_) December 3, 2023
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Ausserdem habe er behauptet, Entwicklung ohne die Nutzung fossiler Energien sei nicht möglich, «wenn man die Welt nicht in die Steinzeit katapultieren will». Klimaforscher und Aktivisten reagierten empört, einige stellten erneut seine Eignung als Gastgeber infrage.
«Diese Geschichte ist nur ein weiterer Versuch, die Agenda der Präsidentschaft zu untergraben, die klar und transparent ist» und «greifbare Erfolge» verbuche, teilte ein Sprecher der COP28 am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. «Wir sind uns nicht sicher, was diese Meldung eigentlich aussagen soll. Nichts darin ist neu oder Breaking News.» Weiter hiess es: «Der COP-Präsident ist sich darüber im Klaren, dass der schrittweise Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe unvermeidlich ist und dass wir das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite halten müssen.»
In einer vorherigen Reaktion auf den Bericht des «Guardian» hiess es von der Präsidentschaft noch, Al-Dschaber habe sich darauf bezogen, dass auch der Weltklimarat in seinen Szenarien davon ausgehe, dass fossile Energien im Energiesystem der Zukunft weiter eine Rolle spielten – wenn auch eine kleinere.
Auch unter den verhandelnden Staaten zeichnet sich bereits eine Front ab, die den Ausstieg unbedingt verhindern will: Saudi-Arabien, Russland und der Irak stemmen sich als Öl- und Gasexporteure nach Angaben von Aktivisten dagegen. Die Länder hätten in ersten Verhandlungen ihre Ablehnung offen geäussert, hiess es von der Nichtregierungsorganisation Destination Zero und anderen Beobachtern.
Für pazifische Inselstaaten wie Tuvalu geht es beim fossilen Ausstieg um Existenzen: Der Premierminister des Staates mit gut 11'000 Einwohnern, Kausea Natano, forderte den sofortigen Stopp aller neuen Öl- und Gasbohrungen – gefolgt von einem zügigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern.
Der höchste Punkt Tuvalus liege nur zwei Meter über dem Meeresspiegel, schon jetzt würden des Öfteren bis zu 40 Prozent der Landesfläche überspült. Seine Bürgerinnen und Bürger wünschten sich, auch in Zukunft weiter auf ihrem Land leben zu können.
Der Premierminister des karibischen Inselstaats Antigua und Barbuda, Gaston Browne, fügte hinzu:
Weniger umstritten als der Abschied von den Fossilen ist das Ziel, die Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis zum Jahr 2030 weltweit zu verdreifachen und die Rate der Energieeffizienz zu verdoppeln.
Viele Länder wollen jedoch auch verstärkt auf Atomkraft setzen, um ihren Energiebedarf in der Zukunft zu decken: Unter anderem alle G7-Staaten ausser Deutschland und Italien kündigten an, bis zum Jahr 2050 ihre Kapazitäten hier verdreifachen zu wollen. Insgesamt unterzeichneten mehr als 20 Staaten die gemeinsame Erklärung.
(hah/sda/dpa)
Die gesamte Bevölkerung hat das bei (fast) allen Politikern seit Jahrhunderten schon bemerkt. Eine Überraschung diesbezüglich wäre aber trotzdem mal ganz nett.
In reichen Industrieländer wird die Transformation weg von Fossilen vielleicht in 30 Jahren gelingen, aber in ärmeren Ländern, wo die Infrastruktur schlechter ist, die Distanzen grösser und Güter wie Fahrzeuge vielleicht 40 oder mehr Jahre benutzt werden, wird das noch lange gehen.