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Legendäres Schiffswrack von 1682 vor Englands Küste entdeckt

Legendäres Schiffswrack von 1682 vor Englands Küste entdeckt

Taucher haben vor der englischen Nordseeküste ein legendäres Schiffswrack aus dem 17. Jahrhundert entdeckt und mussten den Fund 15 Jahre vor der Öffentlichkeit geheim halten.
10.06.2022, 11:1722.08.2023, 14:44
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Wrack bereits 2007 entdeckt

Beim spektakulären Fund handelt es sich um das im Jahr 1682 gesunkene royale Kriegsschiff «Gloucester», wie die University of East Anglia am Freitag mitteilte

Das Wrack der Gloucester vor der Küste Yarmouths. Ein Gemälde des britischen Künstlers Monamy Swaine (c.1750–c.1800)
Das Wrack der Gloucester vor der Küste Yarmouths. Ein Gemälde des britischen Künstlers Monamy Swaine (c.1750–c.1800).Bild: pd

Die Taucher, eine private Gruppe um die Brüder Julian und Lincoln Barnwell, hatten das Wrack bereits im Jahr 2007 nach vierjähriger Suche auf dem Grund des Meeres vor der Stadt Great Yarmouth in der Grafschaft Norfolk gefunden. Die Entdeckung des 340 Jahre alten Wracks, das in internationalen Gewässern liegt, wurde aber zunächst geheim gehalten, um es zu schützen. Es dauerte zudem mehrere Jahre, um die gut erhaltenen Überreste als Wrack der «Gloucester» zu identifizieren.

Experten zufolge ist der Fund eine archäologische Sensation. «Die Entdeckung verspricht, unser Verständnis der sozialen, maritimen und politischen Geschichte fundamental zu verändern», sagte Professorin Claire Jowitt von der University of East Anglia. Es handle sich um den bedeutendsten Fund in Grossbritannien seit der Hebung des Schiffs «Mary Rose» von Tudor-König Heinrich VIII. im Jahr 1982.

Grosse Ausstellung geplant

Fundstücke daraus sollen vom kommenden Frühjahr an in einer Ausstellung im Norwich Castle Museum zu sehen sein. Dabei soll auch die Schiffsglocke ausgestellt werden, die für die Identifizierung der «Gloucester» letztlich ausschlaggebend war. Nebst der Schiffsglocke haben Taucher auch Kleidung, Schuhe, Navigationsausrüstung und persönliche Gegenstände gefunden.

Teilweise waren noch ungeöffnete Weinflaschen mitsamt ihres Inhalts darunter sowie eine Brille, die noch in ihrem hölzernen Etui steckt. Eine der Weinflaschen trägt ein Glassiegel mit dem Wappen der Familie Legge. Sie waren Vorfahren des allerersten US-Präsidenten, George Washington.

Dieses Schiff ist noch viel älter als die «Gloucester»:

Video: srf/Roberto Krone

Ein Forschungsprojekt soll die Umstände der Tragödie und Verschwörungstheorien genauer durchleuchten. Zudem wollen Historiker die Geschichten der Schiffspassagiere erzählen. Bei der Gloucester handelte es sich zwar nicht um ein Sklavenschiff, dennoch waren viele Menschen mit diversen kulturellen Hintergründen an Bord.

Zukünftiger König war an Bord

Das Schiff stach 1654 erstmals mit 54 Kanonen und einer 280-köpfigen Mannschaft in See. Es bestritt mehrere Schlachten und wurde 1660 Teil der königlichen Marine.

Das Schiffswrack ist am Kiel gespalten, Reste des Rumpfes sind im Meeresboden versunken. Wie viel davon noch intakt ist, ist nicht bekannt. Bisher ist nicht vorgesehen, das Wrack zu bergen.

duke of york
Ein Portrait von 1672 zeigt den Herzog von York mit der königlichen Marine. Er war damals der Lord High Admiral seines älteren Bruders, König Charles II.Bild: wikimedia commons

Die «Gloucester» war im Jahr 1682 nach einem Streit zwischen dem Kapitän und dem Herzog von York auf einer Sandbank 45 Kilometer vor Great Yarmouth auf Grund gelaufen und innerhalb einer Stunde gesunken. Der Herzog von York – der spätere König James II. – und der Kapitän konnten sich nicht auf einen Kurs einigen. Es wird geschätzt, dass etwa 330 Menschen vom sinkenden Schiff gerettet werden konnten, während etwa 130 bis 250 Matrosen und Passagiere den Fluten zum Opfer fielen.

Der Herzog von York konnte dem Tod nur knapp entrinnen. Augenzeugen berichteten, der zukünftige König habe statt der Hofleute und der Mannschaft zuerst die katholischen Priester und seine Hunde retten wollen. Dies verzögerte seine eigene Rettung, was zu vielen Todesfällen führte, da er als Angehöriger der königlichen Familie als erster das Schiff verlassen musste. Der Herzog übernahm keine Verantwortung für die Tragödie, sondern gab dem Kapitän die Schuld, der später ins Gefängnis gesteckt wurde. (saw)

Mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
10.06.2022 18:03registriert Juli 2014
Die Geschichte, dass sich der Kapitän und der Herzog streiten, bis das Schiff auf Grund läuft, erinnert mich irgendwie an meine Erfahrungen in der heutigen Arbeitswelt. Machtgehabe verhindert kompetente Entscheide. Und wenn es schief geht, werden die Experten bestraft. Man könnte es das Gloucester-Syndrom nennen.
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