Beim spektakulären Fund handelt es sich um das im Jahr 1682 gesunkene royale Kriegsschiff «Gloucester», wie die University of East Anglia am Freitag mitteilte
Die Taucher, eine private Gruppe um die Brüder Julian und Lincoln Barnwell, hatten das Wrack bereits im Jahr 2007 nach vierjähriger Suche auf dem Grund des Meeres vor der Stadt Great Yarmouth in der Grafschaft Norfolk gefunden. Die Entdeckung des 340 Jahre alten Wracks, das in internationalen Gewässern liegt, wurde aber zunächst geheim gehalten, um es zu schützen. Es dauerte zudem mehrere Jahre, um die gut erhaltenen Überreste als Wrack der «Gloucester» zu identifizieren.
So excited that we can finally talk about this:
— Dan Snow (@thehistoryguy) June 10, 2022
New 17th century shipwreck discovered!
HMS Gloucester. A fascinating ship from an essential period in @RoyalNavy history
New Podcast with the heroic finders, the Barnwell brothers, & Prof @clairejowett: https://t.co/OeywtiLKdS pic.twitter.com/Pp4hF2XphV
Experten zufolge ist der Fund eine archäologische Sensation. «Die Entdeckung verspricht, unser Verständnis der sozialen, maritimen und politischen Geschichte fundamental zu verändern», sagte Professorin Claire Jowitt von der University of East Anglia. Es handle sich um den bedeutendsten Fund in Grossbritannien seit der Hebung des Schiffs «Mary Rose» von Tudor-König Heinrich VIII. im Jahr 1982.
Fundstücke daraus sollen vom kommenden Frühjahr an in einer Ausstellung im Norwich Castle Museum zu sehen sein. Dabei soll auch die Schiffsglocke ausgestellt werden, die für die Identifizierung der «Gloucester» letztlich ausschlaggebend war. Nebst der Schiffsglocke haben Taucher auch Kleidung, Schuhe, Navigationsausrüstung und persönliche Gegenstände gefunden.
Teilweise waren noch ungeöffnete Weinflaschen mitsamt ihres Inhalts darunter sowie eine Brille, die noch in ihrem hölzernen Etui steckt. Eine der Weinflaschen trägt ein Glassiegel mit dem Wappen der Familie Legge. Sie waren Vorfahren des allerersten US-Präsidenten, George Washington.
Ein Forschungsprojekt soll die Umstände der Tragödie und Verschwörungstheorien genauer durchleuchten. Zudem wollen Historiker die Geschichten der Schiffspassagiere erzählen. Bei der Gloucester handelte es sich zwar nicht um ein Sklavenschiff, dennoch waren viele Menschen mit diversen kulturellen Hintergründen an Bord.
Das Schiff stach 1654 erstmals mit 54 Kanonen und einer 280-köpfigen Mannschaft in See. Es bestritt mehrere Schlachten und wurde 1660 Teil der königlichen Marine.
Das Schiffswrack ist am Kiel gespalten, Reste des Rumpfes sind im Meeresboden versunken. Wie viel davon noch intakt ist, ist nicht bekannt. Bisher ist nicht vorgesehen, das Wrack zu bergen.
Die «Gloucester» war im Jahr 1682 nach einem Streit zwischen dem Kapitän und dem Herzog von York auf einer Sandbank 45 Kilometer vor Great Yarmouth auf Grund gelaufen und innerhalb einer Stunde gesunken. Der Herzog von York – der spätere König James II. – und der Kapitän konnten sich nicht auf einen Kurs einigen. Es wird geschätzt, dass etwa 330 Menschen vom sinkenden Schiff gerettet werden konnten, während etwa 130 bis 250 Matrosen und Passagiere den Fluten zum Opfer fielen.
Der Herzog von York konnte dem Tod nur knapp entrinnen. Augenzeugen berichteten, der zukünftige König habe statt der Hofleute und der Mannschaft zuerst die katholischen Priester und seine Hunde retten wollen. Dies verzögerte seine eigene Rettung, was zu vielen Todesfällen führte, da er als Angehöriger der königlichen Familie als erster das Schiff verlassen musste. Der Herzog übernahm keine Verantwortung für die Tragödie, sondern gab dem Kapitän die Schuld, der später ins Gefängnis gesteckt wurde. (saw)
Mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa.