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Streit mit China: EU-Staaten machen Weg für Auto-Zölle frei

Streit mit China: EU-Staaten machen Weg für Auto-Zölle frei

04.10.2024, 11:3004.10.2024, 14:43
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Die EU kann trotz Widerstands aus Deutschland Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben. Es hat sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben ausgesprochen, wie mehrere EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Es gab allerdings auch kein klares Votum für die Zölle. Damit kann die EU-Kommission entscheiden, die Abgaben in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen. Deutsche Autobauer reagierten besorgt und hoffen nun auf eine Verhandlungslösung.

Ob das Elektroauto in der Garage geladen werden kann, hängt in der Schweiz vom Willen der Vermieter ab.
Die EU kann Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben.Bild: Keystone

Vorwurf unfairer Subventionen

Die Europäische Kommission hatte die Zusatzzölle angekündigt, nachdem eine Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass Peking E-Autos mit Subventionen fördere, die den Markt in der EU verzerrten. Ob die Einfuhrzölle innerhalb des nächsten Monats in Kraft treten werden, liegt in der Hand der Kommission. Wenn aber noch rechtzeitig eine Lösung mit China am Verhandlungstisch erreicht wird, können die Zölle gestoppt werden.

Deutschland konnte sich nicht mit seiner Position durchsetzen. Das bevölkerungsreichste EU-Land stimmte in Brüssel zwar gegen die Zölle. Um diese verhindern zu können, hätte sich aber eine Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben aussprechen müssen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.

Mit einer einfachen Mehrheit hätten die EU-Staaten die Kommission zumindest dazu bringen können, noch einen Vermittlungsausschuss einberufen zu müssen. Aber auch diese Mehrheit kam nicht zustande.

Nach Angaben aus Diplomatenkreisen stimmten am Ende zehn EU-Staaten für die Massnahme, zwölf enthielten sich. Lediglich fünf sprachen sich demnach offen gegen die Zölle aus. Dabei repräsentieren die Gegner der Abgaben den Angaben zufolge gut 20 Prozent der EU-Bevölkerung.

Scholz spricht Machtwort

Auch die deutsche Regierung war in dem EU-Zollstreit uneins, bis Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor der Abstimmung auf Ablehnung entschieden hatte. Bei den Koalitionspartnern von Grünen und FDP wurde das als Ausübung seiner Richtlinienkompetenz verstanden. Das Bundespresseamt wollte sich auf Anfrage nicht zu der Abstimmung äussern.

epa11633982 German Chancellor Olaf Scholz looks on as he delivers a speech at the Chancellery in Berlin, Germany, 30 September 2024. German Chancellor Olaf Scholz, Chair of the Executive Board of the  ...
Auch Scholz äusserte sich kritisch zu möglichen Strafzöllen.Bild: keystone

Laut Grundgesetz bestimmt der Kanzler in der Bundesregierung die Richtlinien der Politik. Formell wird diese Richtlinienkompetenz aber nur äusserst selten ausgeübt. Scholz machte von dieser Option im Streit zwischen FDP und Grünen über die AKW-Laufzeiten formell Gebrauch, indem er einen Brief an sein Kabinett schrieb.

In der Ampel-Koalition drangen die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und für Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel. Auch Scholz äusserte sich kritisch zu Strafzöllen. Die grün geführten Wirtschafts- und Aussenministerien hatten dafür plädiert, sich bei der Abstimmung in Brüssel zu enthalten, um weiter nach einer Verhandlungslösung mit China zu suchen.

Besorgnis in der deutschen Wirtschaft

Auch deutsche Autobauer pochen auf eine Verhandlungslösung. Der Chef von BMW, Oliver Zipse, etwa warnte: «Die heutige Abstimmung ist ein fatales Signal für die europäische Automobilindustrie.» Wirtschaftsverbände äusserten sich ähnlich.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, für die exportorientierte deutsche Wirtschaft blieben Extra-Zölle nicht ohne Folge. «Zwar könnte durch die Zölle auch die Produktion in der EU angeregt werden, doch drohen zunächst höhere Preise für die Verbraucher und ein gewisser Kaufkraftverlust», erklärte DIHK-Aussenwirtschaftschef Volker Treier.

Keine Auswirkungen für Schweiz

Für die Schweiz haben EU-Strafzölle auf E-Autos aus China nach Ansicht von Experten beim Bund keine Auswirkungen. Die Schweiz unterliege keinen Verpflichtungen, handelspolitische Schutzmassnahmen oder andere Entscheide zu Zolltarifen der EU nachzuvollziehen, sagte ein Sprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Juli, als die Europäische Kommission vorläufige Strafzölle einführte, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. (awp/sda/dpa)

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