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Erdogan droht Europa erneut mit Öffnung der Tore für Flüchtlinge

Erdogan droht Europa erneut mit Öffnung der Tore für Flüchtlinge

05.09.2019, 22:3406.09.2019, 09:27
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Turkey's President Recep Tayyip Erdogan speaks to his ruling party officials, in Ankara, Turkey, Thursday, Sept. 5, 2019. Erdogan has threatened to allow Syrian refugees in Turkey to travel towar ...
Recep Tayyip Erdogan während seiner Rede am 5. September in Ankara. Bild: AP

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Europa erneut gedroht, den Flüchtlingen die Tore nach draussen zu öffnen, wenn sein Land nicht mehr Unterstützung erhalte.

Wenn die mit den USA vereinbarte «Sicherheitszone» in Nordsyrien nicht umgesetzt werde, «werden wir gezwungen sein, die Türen zu öffnen», sagte Erdogan am Donnerstag in einer Rede in Ankara. Wenn Europa keine weitere Hilfe gewähre, könne die Türkei die Last nicht länger schultern.

Die Türkei hatte Anfang August mit den USA die Schaffung einer «Sicherheitszone» entlang der türkischen Grenze zu den Kurdengebieten in Nordsyrien vereinbart.

Diese Gebiete werden von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert, die Ankara wegen ihrer engen Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Bedrohung sieht. Die USA unterstützten die syrische Kurdenmiliz dagegen bislang im Kampf gegen die Dschihadisten.

FILE - In this file photo dated Wednesday, May 1, 2019, a woman and child sit on a hill overlooking the Euphrates River as families picnic on May Day, in Derik, Syria. Turkey wants to establish a safe ...
Eine Frau und ihr Kind in Derik. Hier soll eine «Sicherheitszone» errichtet werden. Bild: AP

«Mindestens eine Million» in Sicherheitszone

Die Türkei will die geplante «Sicherheitszone» nutzen, um einen Teil der 3.6 Millionen syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge anzusiedeln, die in der Türkei leben. Erdogan sagte nun, das Ziel der Türkei sei, «mindestens eine Million» Syrer in dem Gebiet anzusiedeln.

Seine Regierung befürchtet, dass die jüngste Offensive der syrischen Regierungstruppen in der letzten Rebellenbastion Idlib weitere Menschen zur Flucht in die Türkei zwingt.

Die EU unterstützt die Türkei bei der Versorgung der syrischen Flüchtlinge. Im EU-Flüchtlingsdeal von März 2016 sagte Brüssel der Türkei 6 Milliarden Euro über mehrere Jahre zu.

Erdogan wirft der EU aber regelmässig vor, ihre Versprechen nicht einzuhalten, und droht mit einem Bruch des Abkommens. Am Donnerstag sagte er, die Türkei habe 40 Milliarden Dollar für die Flüchtlinge ausgegeben, von der EU aber bisher nur drei Milliarden Euro erhalten.

EU-Kommission widerspricht Ankara

Die EU-Kommission ging am Donnerstag nicht auf Erdogans Drohung ein. Eine Sprecherin hob jedoch hervor, dass die EU bislang 5.6 der zugesagten 6 Milliarden Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugewiesen habe. Der Rest werde bald folgen.

Allerdings ist die Situation in den überfüllten Registrierlagern auf den Inseln im Osten der Ägäis dramatisch. Zurzeit leben in den Lagern mehr als 24'000 Migranten. Dabei sind die Camps auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos nur für 6338 Menschen ausgelegt.

In den vergangenen Wochen stieg die Zahl der aus der Türkei kommenden Migranten schlagartig. Im August setzten nach Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 8103 Menschen aus der Türkei zu den griechischen Inseln über. Im August 2018 waren nur 3200 gekommen. Als das Abkommen zwischen der EU und der Türkei im März 2016 in Kraft getreten war, lebten in den Lagern nur etwa 5800 Menschen.

Migranten sind nach Definition der Internationalen Organisation ‎für Migration (IOM) alle Menschen, die ihren Wohnort verlassen – egal ‎aus welchen Gründen, wie lange oder ob freiwillig oder ‎unfreiwillig. Flüchtlinge dagegen suchen Schutz vor Krieg oder vor ‎drohender Verfolgung, etwa wegen ihrer Religion, Nationalität oder ‎ihrer politischen Überzeugung. Damit sind Flüchtlinge auch Migranten‎, aber nicht alle Migranten Flüchtlinge. (sda/afp/dpa)

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quelle: ap/pool presidential press service
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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fischra
06.09.2019 06:00registriert Juli 2016
Geld von der EU erhalten. Jetzt wird er wortbrüchig und will nachverhandeln für die nächsten Milliarden. Sonst.....
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Zauggovia
06.09.2019 06:44registriert April 2018
Die Abhängigkeit von Erdogan und selnen Launen zeigt einfach Europas Unfähigkeit auf, einen wirkungsvollen Grenzschutz aufzuziehen.
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Töfflifahrer
06.09.2019 07:54registriert August 2015
diese Erpressungsmasche war ja willsgott zu erwarten. Wenn die EU in der Zeit immer noch keine interne Lösung mit einer Neugestaltung des Dublin-Abkommens zuwege gebracht hat, sollten die EU Kernstaaten sich mal überlegen wie das weitergehen soll. Die EU ist in wichtigen eigenen Fragen komplett blockiert.
Aber auch die Schweiz muss über die Bücher gehen, denn wenn die EU selbst blockiert ist, werden dies 3-Staaten umso mehr zu spüren bekommen.
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