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EU-Parlament für Verbot neuer Autos mit Verbrenner ab 2035

EU-Parlament für Verbot neuer Autos mit Verbrenner ab 2035

08.06.2022, 18:2708.06.2022, 21:00
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Im Kampf für mehr Klimaschutz will das EU-Parlament den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Strassburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstossen. Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln.

Mechanic Frederic Mistre works on a combustion engine car at a garage in Marseille, southern France, Wednesday, June 8, 2022. The European Parliament is voting Wednesday on deeper emission cuts by pow ...
Ab 2035 verboten: Autos mit Verbrenner.Bild: keystone

Ende des Monats wollen die EU-Staaten ihre Position zu dem Verbot für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festlegen. Dann müssen die beiden EU-Institutionen noch einen Kompromiss finden, damit es in Kraft treten kann.

Nach der Abstimmung sagte der deutsche Grünen-Abgeordnete Michael Bloss am Mittwoch: «Damit haben wir uns für die Zukunft des Automobilstandort Europa entschieden.» Künftig würden die besten Elektroautos und neuesten Batterien aus Europa kommen. Ganz anders sieht das sein CDU-Amtskollege Jens Gieseke. «Grüne, Liberale und Sozialdemokraten setzen leider lieber alles auf die Karte Elektromobilität.» Er fürchtet nach eigenen Worten um die Wettbewerbsfähigkeit Europas und zahlreiche Arbeitsplätze. Er räumte aber ein: «Das Verbrennerverbot 2035 wird wohl nicht mehr zu verhindern sein.»

ADAC und der Verband der Automobilindustrie (VDA) sehen die Entscheidung ebenfalls kritisch. Es wäre besser gewesen, auch eine Perspektive für klimaneutral betankte Verbrennungsmotoren zu öffnen. Die Entscheidung wolle nicht wahrhaben, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller, dass es in weiten Teilen Europas keine ausreichende Ladeinfrastruktur für E-Autos gebe.

Die Abgeordneten sprachen sich am Mittwoch auch dafür aus, dass keine klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffe angerechnet werden können. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden. Kritiker befürchten jedoch, dass es von dem «grünen» Kraftstoff schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.

«Fit for 55»

Am Mittwoch fanden auch weitere Abstimmung zum Gesetzespaket «Fit for 55» statt, mit dem die EU bis 2030 klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent senken und bis 2050 klimaneutral zu werden will. Eine Reform des EU-Emissionshandels, das Herzstück der europäischen Klimapolitik, scheiterte zunächst. Eine Mehrheit der Abgeordneten lehnte eine geplante Ausweitung des Systems auf Gebäude und Verkehr ab - weil sie die Vorgaben zu lax finden. Das Gesetz wurde zurück an den Umweltausschuss verwiesen, um einen neuen Kompromiss zu finden. Wichtige Abstimmungen über einen CO2-Zoll an den EU-Aussengrenzen und den Klimasozialfonds für einkommensschwache Haushalte wurden verschoben.

Der CDU-Abgeordnete Peter Liese (CDU), der für die Verhandlung des Dossiers im EU-Parlament zuständig ist, sagte: «Die Sozialdemokraten und die Grünen sind ihrer Verantwortung für Klimaschutz nicht gerecht geworden.» Nach seiner Ansicht hätte der Vorschlag an vielen Stellen den Kommissionsvorschlag verschärft und mehr Klimaschutz bedeutet.

Aus Sicht der Grünen und Sozialdemokraten dagegen war der Text schlussendlich nicht ehrgeizig genug. «Das Europäische Parlament lehnt den von der fossilen Lobby und Allianz aufgeweichten Emissionshandel ab», sagte Grünen-Politiker Michael Bloss.

Der Umweltausschuss hatte zuvor dafür gestimmt, den vom Emissionshandel abgedeckten Ausstoss von Treibhausgasen bis 2030 um 67 Prozent zu senken. Eine Mehrheit im Parlament stimmte letztendlich jedoch für einen Änderungsvorschlag der konservativen EVP für eine Reduktion von 63 Prozent. «Die christdemokratische EVP hat mit der rechten Seite des Hauses versucht, den Kommissionsvorschlag zu verwässern, wo es nur möglich war», sagte Wölken von der SPD.

Der Emissionshandel ist eines der wichtigsten Instrumente zur Senkung von klimaschädlichen Emissionen und im Kampf gegen den Klimawandel. Dabei müssen etwa Teile der Industrie oder Stromproduzenten für den Ausstoss von Gasen wie Kohlendioxid (CO2) bezahlen. Vorgesehen war unter anderem die Ausweitung auf kommerzielle Gebäude und den Verkehr sowie eine schnellere Drosselung der Emissionen.

Auch der geplante EU-Grenzausgleichsmechanismus - eine Art Importzoll auf CO2-Emissionen von Waren - und der Klimasozialfonds für einkommensschwache Haushalte liegen erstmal auf Eis, da sie eng mit dem Emissionshandel zusammenhängen. Wie lange es dauern könnte, bevor das Parlament über einen neuen Kompromiss abstimmen kann, ist offen. (saw/sda/dpa)

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105 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Namenloses Elend
08.06.2022 19:25registriert Oktober 2014
Dann hoffe ich, dass bis dann auch ein genügend potentes Netz vorhanden ist um alle Autos zu laden. 😂😂🤦🤦
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Hiker
08.06.2022 18:38registriert Januar 2017
2035 werden die allermeisten Autohersteller schon von sich aus keine Verbrenner mehr herstellen. Wie der Spruch trffend sagt“ Das Bessere ist des Guten Tod“. Diese Regelung, falls sie überhaupt eine Chance hat, ist ein zahnloser Papiertiger. Die Autoindustrie hat das längstens eingesehen, will aber noch möglichst alle Verbrenner abverkaufen und damit den verschlafenen Wandel finanzieren. Einigen scheint das auch zu gelingen wie zb VW. Einige wird es 2035 in der jetzigen Form nicht mehr geben.
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Herr K.
08.06.2022 22:18registriert Januar 2020
Auch wenn ich die Richtung gut finde. Durchdacht scheint mir das nicht zu sein.
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