Xi besucht Macron – und zettelt dahinter einen Agentenkrieg an
Budapest, Belgrad und Paris: Die Destinationen von Präsident Xi Jinpings Europareise von dieser Woche sind genaustens gewählt. Ziel ist es offensichtlich, einzelne europäische Partner zu umgarnen, um damit die EU-Einheit aufzubrechen. In Ungarn will sich Xi Mitte Woche mit einem E-Auto-Montagewerk für die prochinesischen Positionen von Ministerpräsident Viktor Orbán erkenntlich zeigen. In Serbien wird er sein strategisches Seidenstrassen-Projekt – auf das Italien jüngst verzichtet hat – vorantreiben.
Und in Frankreich? Präsident Emmanuel Macron erhält die Ehre sicherlich auch, weil er im Unterschied zu Berlin einen kritischen, ja eigenständigen Kurs gegenüber den USA fährt. Das zeigt sich in dem etwas gesucht wirkenden Anlass für Xis zweitägigen Staatsbesuch – dem 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Vor einem Jahr erklärte Macron, die Europäer dürften sich in der Taiwan-Frage nicht als «Mitläufer» der USA verhalten. Gemeint war: Sie müssten einen eigenständigen Kurs zwischen Washington und Peking fahren. Das gefällt Xi natürlich.
Allerdings ist Macron selbstbewusst genug, um dem grossen Reich der Mitte zugleich Paroli bieten zu wollen. Letzte Woche empfing er den politischen Leiter der tibetischen Exilregierung, Penpa Tsering, was in Peking als Affront empfunden wurde.
Vor allem aber will Macron gegenüber Xi erneut darauf drängen, dass sich China im Ukraine-Krieg wie gegen aussen versprochen neutral verhält und sich nicht auf die Seite Russlands schlägt. Im Handelskonflikt fordert der Franzose protektionistische EU-Strafzölle für chinesische E-Autos und Importhürden für Solaranlagen «made in China». Der französische Präsident tritt diesbezüglich härter auf als Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte April in Peking.
Der deutsche Kanzler lehnte ein französisches Angebot, der zweitägigen Xi-Visite in Frankreich beizuwohnen, dem Vernehmen nach ab. Um ihre «europäischen» Positionen abzusprechen, trafen sich die beiden Leader am Donnerstag immerhin zu einem trauten Abendessen. In Paris wird morgen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei sein. Sie vertritt gegenüber Peking ähnliche handelspolitische Positionen wie Macron.
Am Dienstag besuchen dann Macron und Xi beim «privaten Teil» der Staatsvisite allein die Pyrenäen und den mythischen Tour-de-France-Pass Le Tourmalet. Am Treffen werden lockere Stimmung und entspanntes Scherzen erwartet.
Spionagefälle sorgen für Schlagzeilen
Sie können allerdings nicht vergessen machen, dass die Chinesen hinter den Kulissen einen eigentlichen Agentenkrieg gegen Frankreich und andere Westländer führen – und die Souveränität des Gastgeberlandes dabei massiv verletzen. Jüngst gleich dreifach:
- Französische Politiker haben Meldungen des US-Dienstes FBI bestätigt, wonach sie neben anderen Ziel einer Cyberattacke durch die chinesische Hackergruppe APT 31 geworden sind.
- Der französische Geheimdienst warnt Matrosen und Ingenieure in der bretonischen Stadt Brest - wo unter anderem Atom-U-Boote stationiert sind - vor Heiraten mit Chinesinnen: Diese in der Branche «Bienen» genannten Studentinnen seien in Wahrheit Spioninnen ihres Herkunftslandes.
- Chinesische Polizisten machen sich in Frankreich in flagranter Verletzung des Völkerrechtes zu schaffen, wie der Fernsehsender France-Deux diese Woche berichtet hat. So lotsten sie den Dissidenten Ling Huazhan in Paris bis zum Flughafen Roissy, um ihn dort in eine Maschine mit Destination Peking zu stecken. Der Chinese rettete sich im letzten Moment, indem er französische Polizeikräfte herbeirief. Die Polizei geleitete Ling sicher aus dem Flughafen.