Aggro-SUV-Fahrer tötet Velofahrer in Paris – massive Proteste
Gewiss, die Verkehrssitten in Paris waren schon immer rau. Was sich letzte Woche am Boulevard Malesherbes abspielte, stellt aber alles Bisherige in den Schatten. Der Führer eines schweren Geländewagens war im 17. Stadtbezirk unterwegs zum Augenarzttermin um 17.20 Uhr für seine Tochter. Offenbar verlor der 52-jährige Familienvater im Abendstau die Nerven; er überfuhr mehrere Rotlichter, darauf wechselte er verbotenerweise auf die Radspur.
Vor einem weiteren Rotlicht musste er aber um 17.45 Uhr halten, da ihm ein Velo im Weg stand. Der SUV-Fahrer hiess den Lenker durch das geöffnete Fenster aus dem Weg zu gehen, doch dieser warf ihm im Gegenteil vor, über seinen Fuss gefahren zu sein. Wütend stieg er vom Rad und haute laut Zeugen auf den Motordeckel des Gefährts.
Der Fahrer setzte kurz zurück und fuhr dann nach links los – wo der junge Velofahrer stand. Dieser wurde von den zwei rechten Rädern überrollt. Erst als der SUV-Führer den blutüberströmten jungen Mann sah, kam er zur Besinnung; er hielt seine Tochter an, den Notfall zu rufen. Da war es aber schon zu spät: Paul Varry, 27, erlag kurz darauf seinen Verletzungen.
Aggressivität im Verkehr
Der Fahrer des Geländewagens wurde festgenommen; im steht laut Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Mordes bevor.
Der Todesfall wirft ein Schlaglicht auf die äusserst gespannten, oft aggressiven Beziehungen der Pariser Verkehrsteilnehmer. Fussgänger schimpfen über Velo- und Trottinettfahrer, dieselben über Autolenker – und die wiederum fühlen sich durch SUV bedrängt oder durch die Verkehrsberuhigung schikaniert.
Am Samstag versammelten sich an der Place de la République mehrere hundert Zweiradbesitzer zu einer Hommage für den Verstorbenen. Der zum rot-grünen Stadtrat gehörige Senator Ian Brossat verlangt einschneidende Massnahmen, so ein Verbot von Geländewagen. In Toulouse liessen Klimaschützer am Wochenende aus Protest bei 65 Geländewagen die Luft in den Reifen ab. (aargauerzeitung.ch)